Für viele Menschen mit Depressionen ist die Unterstützung durch ihre Familie wichtig. Sehr viele Erkrankten haben in der Befragung der Stiftung Depressionshilfe angegeben, die Familie und die Angehörigen habe ihnen das Gefühl gegeben, nicht alleine zu sein.
Das stand an erster Stelle, versichert Ulrich Hegel, Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention. Er fügt hinzu:
"Wichtig ist auch, jemand zu haben, der einem zuhört. Manchmal können Erkrankte selbst gar nicht einordnen, was mit ihnen los ist und Außenstehende müssen ihnen sagen, dass etwas nicht stimmt. Die Unterstützung, sich professionelle Hilfe zu holen, ist eine ganz wichtige Aufgabe von Angehörigen, weil der Erkrankte dazu gar nicht die Hoffnung oder die Energie hat."
Eine Depression belastet auch die Angehörigen
Bei 41 Prozent der Erkrankten haben ihre Familienmitglieder bemerkt, dass etwas nicht stimmt und die betroffene Person darauf angesprochen. Das bedeutet nicht, dass alles harmonisch abläuft. Rund drei Viertel der Angehörigen beschreibt die Depression als große Belastung für das Familienleben.
In erster Linie sind es die Sorge um die Personen selbst und deren Antriebs- und Interessenlosigkeit, die Angehörige bedrücken. So gab es in fast der Hälfte der Familien während der Depression häufiger Streit als sonst. "Die Depressiven nannten als besonders kontraproduktiv, dass die Angehörigen die Erkrankung nicht verstehen und nicht ernst nehmen", erläutert Ulrich Hegel:
"Es erscheint wie eine Befindlichkeitsstörung und nicht wie eine eigenständige Erkrankung, die auch das Gehirn betrifft. Es kommen dann Sprüche wie 'Depression wäre Einbildung, Depression hätte jeder mal. Jetzt reiß dich zusammen, komm, wir gehen mal raus.' Aber man muss es akzeptieren, wenn der Erkrankte das einfach nicht schafft. Eine Depression kann nun mal so schwer sein, dass man selbst einfache Dinge nicht mehr hinkriegt."
Unverständnis für Depressionen als Erkrankung führt oft zu Streit
In etwa jeder fünften Familie führte das sogar zu einem Kontaktabbruch. Rückblickend berichtet jedoch jede zweite Familie auch von positiven Erfahrungen: So vertiefte sich durch die Bewältigung der Depression die Beziehung zueinander. Allerdings fühlen sich Angehörige während der Depression häufig überfordert, schildert Ulrich Hegel:
"Oft ist es als Angehöriger so, dass man sich verantwortlich fühlt. Man meint, man selbst muss den Erkrankten aus der Depression herausholen. Man hat Schuldgefühle. Man wird ärgerlich, wenn der Erkrankte kleinste Dinge, von denen man denkt, das kann doch jeder schaffen, nicht tun kann."
So beschreibt der heute 32-jährige Josef, dass er während seiner Depression nicht mehr wirklich alleine lebensfähig war:
"Ich konnte nicht mehr einkaufen. Ich konnte kaum noch telefonieren, ohne dass ich total Panik hatte. Es ist purer Schmerz und das ist kein Leben, dass man als lebenswert betrachtet. Spätestens da kommen einem dann Gedanken, dass wir uns jetzt irgendwie mal darum kümmern sollten."
Kurt Krömer – sein Weg aus der Depression
Angehörige von Erkrankten sollen besser in deren Behandlung integriert werden
Negativ bleibt: Um die 40 Prozent der betroffenen Familien fühlen sich nicht gut informiert und nicht in die Behandlung integriert. Dabei ist schon das Wissen darüber, wie sich Depressionen zeigen, wichtig für das Verständnis, sagt Josefs Partnerin Janine:
Es hilft, wenn man weiß, die Person macht das nicht mit Absicht. Ich glaube, wenn man so weit ist, dass man das als Angehöriger versteht, dann erleichtert es das. Nicht die Situation an sich, aber man besser damit umgehen, wenn man versteht: Das ist eine Krankheit.
Die Stiftung Depressionshilfe empfiehlt, hier anzusetzen. Familienangehörige sollten künftig besser informiert und mehr in die Behandlung von Depression einbezogen werden. Auf diese Weise könnten familiäre Belastungen reduziert werden.