Psychologie

Warum vergeht die Zeit im Alter schneller?

Stand
Autor/in
Gábor Paál
Gábor Paál

Für Kinder dauert ein Jahr eine gefühlte Ewigkeit, im Alter geht die Zeit im Nu vorbei. Dieses Phänomen ist inzwischen gut belegt und lässt sich psychologisch erklären.

Audio herunterladen (1,3 MB | MP3)

Schon viel erlebt

Zum einen setzen wir die Zeit, die wir erleben, ins Verhältnis zu der Zeit, die wir schon erlebt haben. Für einen Zehnjährigen ist ein Jahr ein Zehntel seiner gesamten Lebenszeit, für eine Fünfzigjährige ist das selbe Jahr nur ein Fünfzigstel – sie hat schon 49 andere erlebt. Das ist ein Grund, warum uns das fünfzigste Lebensjahr kürzer vorkommt als das zehnte. Hinzu kommt: Die Zeit erscheint uns im Rückblick umso länger, je mehr passiert ist. Das bestätigt der Psychologe Marc Wittmann, der sich in Freiburg intensiv mit dem Phänomen Zeiterleben beschäftigt.

In ersten 30 Jahren passiert mehr Neues

Und das gilt auch fürs ganze Leben: In den ersten dreißig Lebensjahren passiert viel: Wir werden groß, Schule, Ausbildung, oft eine Reihe von Partnerschaften. In den zweiten dreißig Jahren kann sich auch noch einiges tun, aber in der Regel weniger. Wir bleiben so groß wie wir sind, die Persönlichkeit ist schon ausgebildet, unser Alltag ändert sich über lange Zeit oft nur wenig.

Im Alter passiert weniger "zum ersten Mal"

Deshalb kommt es Menschen im Rückblick die ersten 30 Jahre länger vor. Denn da passiert so viel, auch emotional. Vieles passiert zum ersten Mal, erste Liebe, erster Sex, erste eigene Wohnung, erster Urlaub ohne Eltern, der erste Job, alles aufregend. Je älter wir werden, desto mehr haben wir schon von der Welt gesehen, desto weniger passiert „zum ersten Mal“. Es gibt weniger einschneidende Ereignisse. Auch das erklärt, warum die Zeit im Alter scheinbar schneller vergeht.

Kürzere Zeitspannen werden ähnlich lang erlebt

Zumindest gilt das, wenn wir auf längere Zeitspannen zurückblicken, auf die letzten fünf oder zehn Jahre. Bei kürzeren Zeitspannen trifft das nicht unbedingt zu. Eine Woche oder einen Tag empfinden eine 20-Jährige nicht unbedingt länger als ein 60-Jähriger. Da kommt es sehr stark darauf an, was in dieser Zeit konkret passiert.

Langweilige Zeiten sind in der Erinnerung kurz

Und dabei gibt es noch ein interessantes Phänomen. Psychologen unterscheiden nämlich zwischen der Zeit, die aktuell vergeht, und der Zeit, auf die wir zurückblicken. Ein aufregender zweiwöchiger Urlaub mit vielen eindrucksvollen Erlebnissen vergeht gefühlt recht schnell – in der Erinnerung nehmen diese zwei Wochen aber viel mehr Raum ein, als wenn man die selben zwei Wochen im Büro verbracht hätte. Umgekehrt: zwei Stunden im Wartezimmer einer Arztpraxis können sich endlos hinziehen – im Gedächtnis bleiben sie dagegen allenfalls als kurze Momentaufnahme. Anders ausgedrückt: Langweilige Zeiten sind in der Erinnerung kurz und kurzweilige in der Erinnerung lang – und das gilt für Jung und Alt gleichermaßen.

Gehirn Woran erkennt man eine beginnende Alzheimer-Erkrankung?

Typisch für Alzheimer in der ersten Zeit ist ein ganz starkes Nachlassen des Kurzzeitgedächtnisses. Auch Orientierungsstörungen sind typisch. Also nicht nur eine Einschränkung im Gedächtnis, sondern richtige Störungen, bei denen Sie zum Beispiel überhaupt nicht mehr wissen, welche Tageszeit ist oder welches Datum wir haben. Von Sylvia Kern

Medizin Gibt es bei Organspenden eine Altersgrenze?

Ein Herz oder eine Bauchspeicheldrüse kommt in diesem Alter sicherlich weniger infrage. Aber die Nieren zeigen häufig bis ins hohe Alter eine gute Organfunktion. Das wird vorher, auf der Intensivstation, evaluiert. Von Conny Bürk

Augen Gleichen sich Kurz- und Weitsichtigkeit im Alter aus?

Bei Kurzsichtigkeit hat man im Alter den Vorteil, dass man Dinge in der Nähe noch sehen kann. Aber es gleicht sich leider nicht mit der Alterssichtigkeit aus. Von Norbert Pfeiffer | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

SWR2 Impuls SWR2

Zeitmessung Warum hat der Tag zwei mal zwölf Stunden?

Bevor es künstliches Licht gab, waren Tag und Nacht für die Menschen getrennte Welten. Aber wie konnte man nachts die Zeit überhaupt einteilen? Von Britta Wagner und Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Derzeit gefragt

Redewendung Man sagt: "Das kommt mir spanisch vor." Warum nicht italienisch oder französisch?

Als Karl V. im Jahr 1519 zum König von Deutschland gewählt wurde, zog er mit seinem spanischen Hofstaat nach Deutschland. Zur Verwunderung der Deutschen. Karl sprach nicht gern Deutsch und wenn, dann nur mit seinem Pferd. Von Rolf-Bernhard Essig

Linguistik Wie hat sich die Grammatik von Sprachen entwickelt?

Die Sprachentwicklung sieht man anhand von Spuren. Die Vergangenheitsform lautete zum Beispiel früher: "Ich reden tat", die heute zu dem Wort "redete" mit Endung verschliffen ist. Von Gábor Paál. Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Hygiene Wie sollte man Perlatoren und den Duschkopf reinigen?

Kalk ist eine gute Grundlage für mikrobielles Wachstum und schafft eine große Oberfläche. Mit der Säure, die man benutzt, um den Kalk wegzumachen, holt man die Mikroben heraus. Von Markus Egert | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Redensart Warum haben Adelige "blaues Blut"?

Der Ausdruck "blaues Blut" hat seinen Ursprung wohl in Spanien ("sangre azul"). Das hat mit den Adern zu tun, die bläulich durch die Haut schimmern. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Sexualität Wie entsteht Homosexualität?

Eine endgültige Erklärung gibt es noch nicht, aber es sieht so aus, dass Homosexualität zwar in gewisser Weise angeboren ist, aber trotzdem nicht direkt vererbt wird. Von Gábor Paál | Dieser Beitrag steht unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Redewendung Woher kommt die Redewendung "Wes Brot ich ess, des Lied ich sing"?

Minnesänger zogen früher von Hof zu Hof, um mit Singen für ihren Unterhalt zu sorgen. Und da war es besser, den Grafen oder Fürsten, dem der Hof gehörte, nicht zu verärgern. Von Rolf-Bernhard Essig

Klima Versprühen Flugzeuge am Himmel Aluminium, um eine weitere Klimaerwärmung zu verhindern?

Nein, stimmt nicht. Es ist eine Verschwörungstheorie, die sich seit Jahren hält: Die „bösen Amerikaner“ sprühen, damit sie an ihrer Klimapolitik nichts ändern müssen, stattdessen Metalle in die Atmosphäre, sodass die die Sonnenstrahlen reflektieren und sich das Klima auf diese Weise wieder abkühlt ... Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.