Redensart

Warum ist jemand "vom Hafer gestochen"?

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Autor/in
Gábor Paál
Gábor Paál

Hafer: beliebtes Futter für Pferde

Diese Redensart kommt von Beobachtungen, die man früher bei Pferden gemacht hat, vermutlich in der frühen Neuzeit, etwa im 16. und 17. Jahrhundert: Wenn Pferde sehr viel Hafer zum Fressen bekommen hatten, wurden sie ganz aufgedreht.

Manche erklären das heute mit bestimmten Substanzen, die im Hafer sind und die angeblich eine vitalisierende, aufputschende Wirkung auf die Pferde gehabt hätten. Allerdings hinkt diese Erklärung, denn der Hafer enthält zwar psychisch wirkende Inhaltsstoffe, aber erstens wirken die nicht sehr stark, und zweitens geht die Wirkung eher in eine andere Richtung: Wenn Hafer überhaupt einen Effekt hat, dann beruhigt er eher und hilft, Stress besser zu bewältigen. Und auch das ist nur schwach belegt.

Vor allem aber: Wenn man die Redewendung auf die Inhaltsstoffe des Hafers zurückführt, hat man immer noch nicht das "Stechen" erklärt – warum "vom Hafer gestochen"?

Spelziger Hafer piekt im Po

Eine andere Erklärung ist daher plausibler: Der Hafer, den die Pferde früher bekommen haben, war nicht entspelzt – er war also noch von den unverdaulichen Spelzen umhüllt. Wenn die wieder ausgeschieden werden, piekt das am Darmausgang.

Wenn die Pferde also viel Hafer bekommen haben und die Spelzen am Po pieksten, machte sich das in einem recht lebhaften Verhalten bemerkbar. Deshalb: Vom Hafer gestochen.

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"Tohu“ bedeutet so viel wie "leer“, "vohu“ entspricht dem deutschen Begriff öde oder eben wüst. Und das "wa“ heißt einfach nur "und“. Also eigentlich steht da, strenggenommen nicht: Die Erde war wüst und leer, sondern umgekehrt: leer und wüst. Aber die Freiheit hat sich Luther genommen.
Diesen Ursprung des Ausdrucks kennen heute viele nicht mehr – heute ist Tohuwabohu einfach ein Synonym für Chaos – was ja in der Bibel auch gemeint war: Die Welt war völlig unsortiert. Es gab keine Trennung von Land und Wasser, noch nicht einmal von Licht und Finsternis. Das war das Tohuwabohu der Bibel.
Sprachlich interessant ist auch, dass der Bibeltext zwei klanglich ähnliche Wörter verwendet, eben "tohu“ und "bohu“. Das ist ein sprachliches Stilmittel, ein "Homoioteleuton“ – das kennen wir im Deutschen auch in Ausdrücken wie: "Klein, aber fein“, "richtig und wichtig“, "Lug und Trug. Aber diesen Gleichklang von Tohuwavohu ins Deutsche zu übertragen, das hat selbst der sprachverliebte Martin Luther nicht geschafft. Auf "wüst“ reimt sich nun mal nichts Passendes. Wenn man es drauf anlegt, könnte man texten: Die Erde war öde und schnöde … aber das trifft nicht wirklich den Zustand des Tohubabohu. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

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