Schlechter Schlaf in der Nacht hat oft Folgen für den Tag. Nick und Jan studieren – und beide sagen, dass sie nachts nicht gut schlafen. Nick wacht häufig auf und kann dann oft stundenlang nicht wieder einschlafen. Jan geht es ähnlich. Das merkt er in seinem Studienalltag: „Ich bin oft schon ab mittags müde - und dann fällt es mir sehr schwer, mich zu konzentrieren“, sagt er.
Gewichtsdecken gegen Probleme beim Schlafen
Die beiden begeben sich für WDR Markt in die Hände von zwei Schlafforschern. Dr. Hans-Christian Blum und Dr. Riccardo Stoohs untersuchen an einer Schlafklinik in Dortmund seit Langem Patienten mit Schlafstörungen. Die Folgen von Schlafstörungen - hoher Leidensdruck für Betroffene und eine verminderte Leistungsfähigkeit am Tag - würden häufig unterschätzt, sagt Blum. Tatsächlich führe schlechter Schlaf zu einer „starken Reduktion der Lebensqualität“, ergänzt Stoohs. Er arbeitet mit vielen verschiedenen Maßnahmen und Ansätzen, um den Schlaf von Betroffenen zu verbessern.
Gewichtsdecken als Hilfsmittel – also schwere Decken – kannte der Schlafmediziner bislang allerdings nicht. Sie sollen angeblich Einschlafprobleme lösen, dabei helfen, Stress und Ängste zu bewältigen und so für entspannteren, besseren Schlaf sorgen. Doch können schwere Decken den Schlaf tatsächlich verändern?
Eine Nacht im Schlaflabor - Wachphasen, Atemprobleme
Die beiden Studenten Jan und Nick schlafen zunächst eine Nacht im Schlaflabor – ohne Gewichtsdecke. Dabei werden 20 Messpunkte an ihnen befestigt, mit deren Hilfe ihr Schlaf überwacht wird: Schlafphasen, Atmung, Bewegung. Am nächsten Tag wertet Schlafmediziner Stoohs die Daten aus.
Nick hat in dieser Nacht im Labor viele Wachphasen, allerdings immer nur von kurzer Dauer. Und noch etwas beobachtet der Mediziner: „Wir sehen, dass bei der Einatmung irgendwann der Luftfluss durch die oberen Atemwege abbricht“, sagt Dr. Stooth. Das verhindere qualitativ guten Tiefschlaf.
Jan dagegen schläft im Labor sehr gut – überraschend für ihn selbst. Schlafmediziner Stooth geht davon aus, dass die gemessenen Werte durch die Decke nicht verbessert werden können. Allenfalls sein subjektives Empfinden könne sich dadurch verändern. Also etwa, ob die Gewichtsdecke ein Gefühl von Beruhigung schaffen kann.
Gewichtsdecken sind mit Glasperlen gefüllt
Nach der Nacht im Labor schlafen Jan und Nick zwei Wochen lang zuhause in ihren eigenen Betten mit Gewichtsdecke.
- Nick testet die „Pearl Classic“ von Cura of Sweden, reduziert erhältlich für 85 Euro
- Jan nutzt die „Anti-Stress & Therapiedecke“ von Samthus, sie kostet gut 84 Euro
Beide Decken sind mit kleinen Glasperlen gefüllt und wiegen etwa sieben Kilogramm. Empfohlen sind zehn Prozent vom Körpergewicht. Bei Jan kommt das hin, bei Nick nicht so ganz - er wiegt über 90 kg.
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Werbung verspricht Entspannung und besseren Schlaf
Beide Hersteller verweisen in ihrer Eigenwerbung auf wissenschaftliche Studien. Auf Nachfrage geben die Hersteller konkretere Informationen: Samthus etwa teilt unter anderem mit, zu welchen Leiden die entsprechenden Studien vor allem durchgeführt worden sind:
„Beispielsweise kann eine Gewichtsdecke Hilfen bzw. Unterstützung anbieten bei Schlaflosigkeit, Autismus-Spektrum-Störungen, ADHS, Angststörungen, Depressionen sowie weiterer körperlicher Beschwerden.“
Für andere Gruppen sei die Datenlage dünn, heißt es in der Antwort von Cura von Schweden. Die Firma verweist zudem auf eine eigene Studie – aber auch auf deren Grenzen: „Die Studie kann demnach eine Erklärung dafür liefern, dass manche Menschen einen verbesserten Schlaf mit Gewichtsdecken erleben, aber um den Zusammenhang mit Sicherheit zu erklären, ist intensivere Forschung notwendig (…).“
Subjektiv: Gewichtsdecken fühlen sich zumindest gemütlich an
Und was ergibt der stichprobenartige Praxistest? In den zwei Wochen, in denen Jan und Nick die schweren Decken nutzen, bemerken sie selbst keine großen Verbesserungen. Nick findet immerhin das Einschlafen „gemütlicher“. Trotzdem wache er nachts weiterhin oft auf. Auch Jan findet, dass die Decke „ein wohlig entspanntes Gefühl“ vermittle. Trotzdem dauert es oft lange, bis er einschlafen kann – und auch er wacht weiterhin nachts häufig auf, sagt er.
Zum Abschluss verbringen die beiden Studenten noch eine Nacht in der Schlafklinik – diesmal mit Gewichtsdecke und betreut von Schlafmediziner Hans-Christian Blum. Am nächsten Morgen zeigt ein Blick auf die Messwerte: Durch die Gewichtsdecken hat sich der Schlaf von Jan und Nick nicht wesentlich verändert.
Effekt wissenschaftlich nachzuweisen ist schwierig
Schlafmediziner Blum überraschen die Ergebnisse nicht. Im Prinzip zeige das Beispiel der beiden Studenten, was man von einer Gewichtsdecke erwarten könne: Dass sie einigen beim Einschlafen helfe – „aber andere Dinge, die den Schlaf stören - zum Beispiel das Schnarchen, die Atemstörungen - können logischerweise durch die Decke nicht behoben werden."
Blum hält es auch für schwierig, einen schlafmedizinischen Effekt von Gewichtsdecken überhaupt nachzuweisen: „Eine doppelblinde, placebo-kontrollierte Studie ist mit den Decken nicht möglich“, sagt er.
Um die Wirkung zu testen und dabei einen Placebo-Effekt auszuschließen, müsste eine Gruppe von Studienteilnehmern Gewichtsdecken nutzen, während eine zweite Studiengruppe - die Kontrollgruppe - keine schweren Decken nutzt. Nur: „Sie können den Patienten ja keine Placebo-Decke geben: Die würden ja sofort merken, dass es eben keine Gewichtsdecke ist."