Unmittelbar nach Bekanntwerden der gegenüber François-Xavier Roth erhobenen Vorwürfe hat der SWR eine interne Prüfungskommission eingesetzt, die untersuchen sollte, ob es ein Fehlverhalten von François-Xavier Roth gegenüber Mitgliedern von SWR Orchestern gegeben hat. Die Untersuchungskommission setzte sich aus Mitgliedern der Bereiche Justitiariat, Personalabteilung und Orchestermanagement zusammen und stand unter der Leitung von Anke Mai, der SWR Programmdirektorin Kultur, Wissen und Junge Formate. Zudem stand die Kommission in engem Austausch mit dem Intendanten des SWR. Die Prüfung bezog sich auf die Jahre 2011 bis 2016, in denen François-Xavier Roth Chefdirigent des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg war. Untersucht wurden ebenso die Jahre 2020 und 2022, als Roth Gastdirigate beim SWR Symphonieorchester wahrnahm.
Keine AGG-Beschwerden, präventive Maßnahmen
Ergebnis der Untersuchung ist, dass bis heute keinerlei Beschwerden nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz im SWR erhoben wurden. Dem SWR liegen auch keine Meldungen von Mitarbeitenden vor, die sich durch ein Verhalten von François-Xavier Roth belästigt oder benachteiligt gefühlt haben. Gleichwohl empfiehlt die AGG-Beschwerdestelle präventive Vorkehrungen struktureller und organisatorischer Art im Hinblick auf eine künftige Zusammenarbeit mit François-Xavier Roth. Der SWR wird diesen folgen und prüft derzeit die Umsetzung der entsprechenden Maßnahmen. Dazu gehören: − neue Kompetenz-, Funktions- und Rollenverteilung in der bislang eher traditionell-hierarchischen Orchesterstruktur auf mehrere Köpfe, insbesondere im Zusammenspiel von Chefdirigent, Orchestermanagement und Direktorin
− verstärkte Sensibilisierung und Aufklärung, u.a. regelmäßige Schulungen allgemeiner Natur zum AGG, gerade auch für neu hinzukommende Orchestermitglieder, Praktikant:innen oder befristet Beschäftigte
− Etablierung einer Vertrauensperson im Orchester, zusätzlich zu den sonstigen Anlaufstellen wie AGG-Beschwerdestelle, externe Ombudsfrau, Compliance Beauftragte sowie Beauftragte für Chancengleichheit
− Verhaltenskodex für gesamtes Orchester
Jenseits des eigentlichen Prüfprozesses hat ein vertrauensvoller Austausch zwischen Orchestermitgliedern, dem Orchestervorstand und der Gesamtleiterin des SWR Symphonieorchesters mit Anke Mai stattgefunden.
Sicheres Arbeitsumfeld hat für SWR höchste Priorität
Ein sicheres Arbeitsumfeld, in dem die Musikerinnen und Musiker frei arbeiten und ihre Kunst entfalten können, hat für den SWR oberste Priorität. Der SWR und François-Xavier Roth haben sich auf Regularien verständigt, die ein Fehlverhalten von seiner Seite künftig ausschließen sollen und die Mitarbeitenden schützen. Sollten diese Regularien verletzt werden, behält sich der SWR jedes Recht vor, die Zusammenarbeit mit sofortiger Wirkung zu beenden.
Jeder verdient eine zweite Chance
Anke Mai, SWR Programmdirektorin Kultur, Wissen und Junge Formate: „Nach eingehender Prüfung und vielen vertrauensvollen Gesprächen mit den Musikerinnen und Musikern im Orchester genauso wie mit François-Xavier Roth bin ich überzeugt, dass wir eine Entscheidung getroffen haben, die den Werten des SWR entspricht. Zu diesen Werten zählen Vertrauen, Respekt und menschliches Miteinander. Sexuelle Übergriffigkeit, jede Art von Diskriminierung oder Machtmissbrauch haben im SWR keinen Platz und werden nicht toleriert. Ich stehe dafür ein, dass die Menschen im SWR angstfrei arbeiten können und Vertrauen zu ihren Vorgesetzten haben. Mir ist aber auch wichtig, dass Menschen eine zweite Chance erhalten, wenn sie ein Fehlverhalten eingestehen und Konsequenzen daraus ziehen. Ich habe großes Vertrauen in François-Xavier Roth, dass er die Werte des SWR anerkennt und lebt und dass wir gemeinsam diesen Weg gehen können.”
François-Xavier Roth: „Mir ist bewusst, dass ich in der Rolle des Chefdirigenten eine besondere Verantwortung gegenüber allen Mitgliedern des Orchesters trage. Ich sehe ein, dass ich in der Vergangenheit im Umgang mit Musikerinnen und Musikern Fehler gemacht habe. Dies war unangemessen. Es war jedoch niemals meine Intention, jemanden in irgendeiner Form zu verletzen. Ich verstehe, dass ich die in mich gesetzten Erwartungen nicht erfüllt habe, und möchte an dieser Stelle all jene um Entschuldigung bitten, die ich verletzt und enttäuscht habe. Bereits seit geraumer Zeit arbeite ich mit externer Hilfe an mir selbst. Seitdem ich meine Dirigiertätigkeit ruhen lasse, widme ich mich noch intensiver dieser persönlichen Entwicklung und der Verbesserung meines Führungsstils, damit sich derartige Fehler nie wiederholen werden. Ich möchte dem SWR für den offenen und vertrauensvollen Austausch der letzten Wochen danken. Es ist mein erklärtes Ziel, allen Orchester- und Managementmitarbeiterinnen und -mitarbeitern ein sicheres Arbeitsumfeld zu gewährleisten, das von einer positiven Atmosphäre für jede und jeden geprägt ist. Ich werde alles dafür geben, dass unsere gemeinsame Kreativität und die Liebe zur Musik im Mittelpunkt unseres Schaffens stehen und durch das SWR Symphonieorchester zum Strahlen gebracht werden.“
Offener und ehrlicher Umgang miteinander
Der Orchestervorstand des SWR Symphonieorchesters: „Der Orchestervorstand hat viele Gespräche geführt, mit Orchestermitgliedern, dem Orchestermanagement, mit François-Xavier Roth und mit der SWR Geschäftsleitung. Diese Diskussionen waren geprägt von einem offenen und ehrlichen Umgang miteinander, wofür wir allen Beteiligten danken. Das Ergebnis dieser intensiven Gespräche ist: Wir stehen hinter der Entscheidung des SWR für die Zusammenarbeit mit François-Xavier Roth.”
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