Viele Kernkraftgegner sorgen sich um die Sicherheit der belgischen Reaktoren Tihange und Doel. Im Raum Aachen wurden schon vor Jahren Jodtabletten zur Vorsorge gegen die Folgen eines möglichen GAUs in Tihange verteilt.
Was wenige wissen: Die Geschichte dieser Meiler ist verknüpft mit dem Bau der Hiroshima-Bombe – und auch Albert Einstein spielt dabei eine Rolle.
Am 18. September 1942 schlossen in New York zwei Männer einen Vertrag. Der eine: US- General Kenneth David Nichols. Führend beteiligt am Manhattan-Projekt des amerikanischen Präsidenten Roosevelt zum Bau der ersten Atombombe. Der andere: Edgar Sengier, Chef des belgischen Kolonial-Minenimperiums l' Union Minière du Haute Katanga im damaligen Belgisch-Kongo. Aus diesen Minen stammte das damals hochwertigste Uranerz der Welt.
Uran aus New York und Belgien
Die Hälfte des aus diesen Minen geförderten Urans lagerte praktischerweise schon in New York. Denn Minendirektor Sengier hatte es aus Angst vor Hitlers Truppen bereits 1940 nach New York verschifft. Er wollte nicht, dass es den Deutschen in die Hände fiel.
Nun kommt Albert Einstein ins Spiel. Einstein hatte beste Kontakte nach Belgien. Bevor der Nobelpreisträger nämlich in die USA auswanderte, wurde er 1933 sechs Monate lang an der belgischen Küste vor den Nazis versteckt – und zwar von Belgiens Königin Elisabeth mit der ihn eine tiefe Freundschaft verband. Er musizierte sogar mit ihr zusammen.
Rolle Einsteins als Uran-Vermittler
Dadurch wusste Einstein sowohl von den Minen als auch davon, dass große Mengen Uran sich bereits in den USA befanden. In einem Brief forderte er den damaligen Präsidenten Franklin D. Roosevelt nicht nur zum Bau der Atombombe auf, sondern gab ihm auch den entscheidenden Hinweis, dass das beste Uran der Welt bereits in einem Warenlager des New Yorker Hafens lagerte.
1942 schließlich kauften die USA auf Roosevelts Anordnung 4200 Kilogramm Uran von Belgien und bauten daraus die erste Atombombe der Welt. Mit dem Erlös von 2,5 Milliarden Dollar entwickelte Belgien später seine Atomindustrie - inklusive der Reaktoren Doel und Tihange.
Atombombe – Einsteins Bedenken bleiben ungehört
Die USA und Belgien bleiben auch nach dem Krieg enge Partner im Urangeschäft. Die USA helfen Belgien, seine Kolonialherrschaft im Kongo zu festigen. Sie bauen zwei große Militärflughäfen, und unterstützen Belgien dabei in der Kongo-Hauptstadt Leopoldville den ersten Kernreaktor Afrikas zu bauen.
Einstein wiederum bereute später seinen Einsatz für die Bombe. Hätte er gewusst, dass es den Deutschen nicht gelingen würde, eine eigene Atombombe bauen, hätte er sich anders entschieden. Im Frühjahr 1945 wird Einstein endgültig klar, dass die von ihm geforderte Bombe nicht Deutschland treffen wird, sondern Japan. Der Physiker der die Bombe gefordert hat, appelliert schriftlich an Roosevelt, diese Waffe nicht einzusetzen.
Doch Roosevelt hat diesen Brief niemals gelesen. Am 12. April 45 stirbt der Präsident. Einsteins Brief wird einen Tag später auf Roosevelts Schreibtisch gefunden. Nachfolger Truman interessieren Einsteins Bedenken nicht. Aber auch Roosevelt hätten sie kaum zum Stopp der Einsatzplanungen bewogen – auch wenn sich Einstein das lange Zeit einredete.
Produktion 2017
Literatur
David van Reybrouck (2016)
Kongo. Eine Geschichte
Jacques Vanderlinden (1992)
À propos de l’uranium congolais
1992
Jonathan E. Helmreich
The uranium negotiations of 1944
Zum Thema Einstein & Elisabeth:
Rosine de Dijn (2016)
Albert Einstein & Elisabeth von Belgien
Eine Freundschaft in bewegter Zeit