Als in den 1960er-Jahren der Rundfunk immer mehr Sendungen in Stereo produziert, gibt es Diskussionen: Ist das nicht reine Spielerei, die nur von einigen wenigen genutzt werden würde? Vielleicht interessant für die Hörspielkunst, aber sonst?
Walter Steigner, Intendant des Sender Freies Berlin (SFB), sieht das anders. Anlässlich der Verleihung des Stereo-Hörspielpreises der Industrie am 29. August 1967 ist er optimistisch, dass Stereo die Zukunft ist. Stolz weist Steigner darauf hin, dass der SFB die Entwicklung maßgeblich vorangetrieben hat, sagt aber auch: "Das plastische Hören will gelernt sein!"
Walter Steigner: "Hörfunk will und wird ein abendfüllendes Medium bleiben"
"... Der Hörfunk will und wird sich neben dem Fernsehen behaupten. Und zwar nicht nur für Autofahrer, die vom Fernsehempfang wohl immer ausgeschaltet bleiben, während unsere Hausfrauen bereits beginnen, neben dem Fernsehen hauswirtschaftliche Tätigkeiten leichterer Art nachzugehen.
Der Hörfunk will und wird ein abendfüllendes Medium bleiben. Verwaltungsdirektoren von Funkhäusern, und hier darf ich dieses Haus nicht ausnehmen, halten zwar die Stereophonie für einen groß angelegten Betrugsversuch, für eine Materie, mit der bastelnde Rundfunkingenieure ihre Zeit verbringen und die allenfalls der Geräteindustrie neue Absatzmöglichkeiten eröffnet. Aber die Stereophonie entwickelt sich auch dort, wo ein mutwilliger Konsumanreiz nicht zu befürchten ist, wie beispielsweise in der DDR.
Das plastische Hören will gelernt sein. Wir machen seit langem die Erfahrung, dass die jüngere Generation der Stereophonie aufgeschlossener ist als die ältere.
Es mutet fast makaber an, wenn man rückblickend feststellt, dass die Stereophonie im Rundfunk auf der Tonträgerseite während des Krieges entwickelt worden ist ... "
30.8.1963 Willy Brandt freut sich über Stereophonie
30.8.1963 | Im 40. Jahr seines Bestehens gönnt sich der deutsche Rundfunk eine neue Technik: Die Stereophonie. Vorgestellt wird sie auf der Funkausstellung in Berlin. Der regierende Bürgermeister Willy Brandt hält die Eröffnungsrede und freut sich, dass man jetzt Radio in Stereo hören kann.
Nach der Einführung der Stereophonie dauert es allerdings noch lange, bis sie sich wirklich durchsetzt. Bis zum Ende der 1960er-Jahre können nur 12 Prozent der Hörerschaft Stereoprogramme empfangen. Erst in den 1980er-Jahren werden wirklich alle Radioprogramme durchgängig in Stereo gesendet.
Archivradio-Gespräch | 100 Jahre Radio Der Weg zum Rundfunk – Von der ältesten Tonaufnahme bis zur ersten Sendung
1923 startete der Rundfunk in Deutschland. Was musste dafür alles geschehen? Eine frühe Geschichte der Klangverarbeitung in Tondokumenten.