Kaum war die Mauer gefallen, stand die Frage der Wiedervereinigung im Raum. Es war aber nicht sofort klar, dass und vor allem wie schnell sie kommen würde. Bezeichnend ist die folgende Rede von Helmut Kohl vor den Ruinen der Dresdner Frauenkirche. Kohl spricht zunächst von "konföderativen Strukturen" zwischen den beiden deutschen Staaten, also noch nicht von Wiedervereinigung. Erst in einem Nachsatz schiebt er hinterher, dass sein persönliches Ziel die deutsche Einheit bleibe, wenn die geschichtliche Stunde es zulässt.
Das war gut einen Monat nach dem Mauerfall. Interessant auch die Kluft zwischen dem hörbaren Jubel im Publikum und der Bewertung des Reporters, der am findet, dass es jetzt nicht "die ganz große Rede" war.
19.5.1969 Helmut Kohl beerbt Peter Altmeier als Ministerpräsident: erste Rede
19.5.1969 | Fast 22 Jahre lang war Peter Altmeier Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. Am 18. Mai 1969 tritt er zurück und macht damit Platz für einen Jüngeren: Helmut Kohl. Der ist gerade einmal 39 Jahre alt und steht für einen Generationswechsel in der CDU.
Landtagspräsident Otto van Volxem gibt Anweisungen zum Procedere der Wahl und trägt danach das Ergebnis vor: 96 Abgeordnete haben sich an der Wahl beteiligt, 57 stimmten für Kohl, 38 gegen ihn. Es gab eine Enthaltung.
Anschließend wird Helmut Kohl vereidigt.
In seiner ersten Rede beschreibt Helmut Kohl den Generationswechsel in der Landespolitik und erinnert an die schlimmen Jahre im Dritten Reich und im Zweiten Weltkrieg.
19.1.1989 Honecker: Mauer wird noch in 100 Jahren stehen
19.1.1989 | Die Mauer ("antifaschistischer Schutzwall") schütze die DDR-Bürger vor Ausplünderung, Drogen und den Machenschaften des Westens. Davon zeigte sich Erich Honecker noch Anfang des Jahres 1989 überzeugt. Wenn sich der Westen nicht ändere, werde die Mauer noch in 100 Jahren stehen. So Honecker auf der Tagung des Thomas-Müntzer-Komitees in Ostberlin. Er spricht im folgenden Redeauszug über den Frieden, und den Beitrag, den die DDR dazu leistet. Der USA und Deutschland wirft er Doppelzüngigkeit vor.
8.7.1989 Kirchenvertreter fordern DDR-Bürger zum Bleiben auf
8.7.1989 | Auf dem Kirchentag in Leipzig wird die Unzufriedenheit mit dem DDR-Regime deutlich. Mehr als 3.000 Oppositionelle kommen in die Stadt, in der sich ohnehin schon jeden Montag in der Nikolaikirche regierungskritische DDR-Bürger treffen.
23.8.1989 DDR-Flüchtlinge gelangen über Ungarn nach Österreich
23.8.1989 | Im Lauf des Jahres 1989 fliehen immer mehr DDR-Bürger in die Bundesrepublik. Bis zu 60.000 sind es laut inoffiziellen Zahlen schon bis Mitte August. Doch dann kommt es nochmal zu einer kleinen Massenflucht über Ungarn. Gelegenheit dazu bietet ein "paneuropäisches Picknick", zu dem die ungarische Regierung nach Sopron eingeladen hat, nahe der österreichischen Grenze. Viele DDR-Bürger kommen – mit dem alleinigen Ziel, von Sopron über die Grenze nach Österreich zu fliehen. Die Bundesrepublik wird später Ungarn dafür immer wieder seinen Dank aussprechen, denn diese kleine Massenflucht gilt als einer der vielen kleinen Meilensteine 1989 auf dem Weg zur Wiedervereinigung. Die ersten fliehen schon am 20. August, am 23. August zeigt sich das ganze Ausmaß.
Spätsommer 1989 DDR-Polizeifunk während Montags-Demonstration
Spätsommer 1989 | Während die Menschen auf den Straßen Leipzigs demonstrieren, fährt die Polizei Streife. Hier ein Mitschnitt des Polizeifunkverkehrs. Das Original-Band stammt von der Stasi-Unterlagen-Behörde.
30.9.1989 Genscher in der Prager Botschaft und die Folgen
30.9.1989 | "Wir sind gekommen, um Ihnen mitzuteilen …" Außenminister Genscher verkündet den DDR-Flüchtlingen in der bundesdeutschen Botschaft in Prag, "dass heute Ihre Ausreise …" – Der Rest ging im Jubel unter. Was wenig bekannt ist: Fast zeitgleich verkündet Staatssekretär Jürgen Sudhoff in der Botschaft von Warschau das gleiche – und auch von dort steigen noch in derselben Nacht tausende DDR-Bürger in einen Zug in die Bundesrepublik. | Am 31. März 2016 starb Hans-Dietrich Genscher
3.10.1989 DDR-Bürger stürmen Prager Botschaft
3.10.1989 | Die Möglichkeit, über Prag und Warschau in den Westen zu reisen, ermuntert zahlreiche weitere DDR-Bürger zur Flucht. An der Botschaft in Prag kommt es zu dramatischen Szenen.
4.10.1989 Dresdner wollen auf Flüchtlingszug aus Prag aufspringen
4.10.1989 | Der zweite Zug mit DDR-Flüchtlingen fährt von Prag Richtung Bundesrepublik. Er muss dabei aber durch die DDR. So berichtet SDR-Korrespondent Gerhard Rein von Menschen am Dresdner Hauptbahnhof, die die Hoffnung hatten, auf eben jenen Zug aufspringen zu können.
5.10.1989 Flüchtlings-Zug aus Prag kommt im bayerischen Hof an
5.10.1989 | Der Zug mit den DDR-Flüchtlingen fährt nur sehr langsam durch die DDR und muss oft halten. Am frühen Morgen schließlich rollt er über die deutsch-deutsche Grenze und erreicht um 5:45 Uhr schließlich den Bahnhof im fränkischen Hof.
6.10.1989 Gorbatschow in der DDR – Kein "Wer zu spät kommt ..."
6.10.1989 | Die DDR beginnt mit den Feiern zu ihrem 40. Jahrestag. Es gibt großes Tamtam mit Militärparade und allem, was dazugehört. Doch die Krise ist unübersehbar, die Demonstrationen laut. Der sowjetische Generalsekretär Michail Gorbatschow besucht zum Jubiläum die DDR. Er ist der Hoffnungsträger der Demonstrierenden. Gorbi, hilf uns, rufen sie, und noch viel mehr. Hier ein Zusammenschnitt der wichtigsten Demonstrationsrufe. Gorbatschow selbst hört die Rufe sichtlich gerne. Später wird ihm der Satz in den Mund gelegt: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Das soll er in Bezug auf die Honecker-Regierung gesagt haben. Doch dieser Satz ist nicht im Ton überliefert. Und ob er ihn je gesagt hat, ist fraglich. Im folgenden Ton hören wir, was er tatsächlich gesagt hat. Die Szene: Gorbatschow vor der Neuen Wache Unter den Linden. Umringt von Dutzenden Reportern. Er geht auf eines der Mikrofone zu und gibt ein Statement. Da redet er zweimal über die Lehren des Lebens, aber von zu spät kommen ist nicht die Rede. Aus seinen späteren Gesprächen mit dem DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker gibt allerdings noch ein Protokoll. Dort wird Gorbatschow mit den Worten zitiert: Wenn wir zurückbleiben, bestraft uns das Leben sofort. Zwei Reporter machen daraus die griffige Übersetzung: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Gorbatschow erfährt davon später, und ihm gefällt das, er übernimmt den Satz in seiner Autobiografie. Funfact: Im Zusammenhang mit dem Ende der DDR gibt es noch ein zweites berühmtes Zitat, das so nie gesagt und erst nachträglich zum großen Wort hochstilisiert wurde – nämlich den Willy Brandt zugeschriebenen Satz "Es wächst zusammen, was zusammen gehört".
6.10.1989 DDR verweigert Einreise von Bundesbürgern
6.10.1989 | Bundesbürger können nun gar nicht mehr nach Ost-Berlin reisen. Die Einreise an den S-Bahnhöfen wird ihnen verweigert.
18.10.1989 Erich Honecker tritt ab, Egon Krenz folgt
18.10.1989 | 18 Jahre lang war Erich Honecker SED-Chef, 14 Jahre lang auch Vorsitzender des Staatsrats der DDR. Am 18. Oktober 1989 endet diese lange Ära. Honecker wird zum Rücktritt gezwungen, nachdem er auf die dramatischen Veränderungen in der DDR keine Antwort hatte. Michail Gorbatschow hatte ihn noch gewarnt mit seinem berühmten Satz: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Honecker wird abgelöst von seinem Stellvertreter Egon Krenz – der auch nicht für Reformen und Aufbruch steht.
24.10.1989 Reportage von Radio DDR über die Leipziger Montagsdemonstrationen
24.10.1989 | Regierungskritische Töne nun auch in der Berichterstattung des DDR-Rundfunks. Hier in einer Reportage von Radio DDR über die Leipziger Montagsdemonstrationen am 24. Oktober 1989. Der Name des Reporters ist leider nicht archiviert.
28.10.1989 Rostocks OB diskutiert mit Demonstranten
28.10.1989 | Demonstranten haben sich vor dem Rostocker Rathaus versammelt. Schließlich kommt Oberbürgermeister Henning Schleiff heraus und beginnt eine längere Diskussion mit den Protestierenden auf dem Thälmannplatz – über alle möglichen Missstände, die die Bürger beschäftigen, die Wohnungsnot, die Ausreiseproblematik oder die Vergünstigungen, die Stasi-Mitarbeiter bekommen. Es handelt sich um einen so nie im Radio gesendeten Roh-Mitschnitt.
31.10.1989 Aus für den "Schwarzen Kanal"
31.10.1989 | Die Mauer ist zwar noch nicht gefallen, aber die Umbrüche in der DDR bedeuten bereits das Ende einer Fernseh-Legende: "Der Schwarze Kanal". Das war die Propagandasendung im DDR-Fernsehen, in der Chefkommentator Karl-Eduard von Schnitzler Stimmung gegen die Bundesrepublik machte, und die immer mit einer verzerrten Version der bundesdeutschen Nationalhymne begann.
"Der Schwarze Kanal" wird am 31. Oktober 1989 nach fast 30 Jahren abgeschafft. Die letzte Folge endet mit einer Erklärung von Karl-Eduard von Schnitzler. Der Süddeutsche Rundfunk berichtet darüber in seiner Sendung Südfunk aktuell.