Historische Aufnahmen und Radioberichte von den ersten Tonaufzeichnungen bis (fast) heute. Das Archivradio der ARD macht Geschichte hör- und die Stimmung vergangener Jahrzehnte fühlbar.
Ein ARD-Podcast von SWR, BR, HR, MDR und WDR. (Da es sich lange um einen SWR2-Podcast gehandelt hat, enthalten viele Audios noch den alten Namen "SWR2 Archivradio".)
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Attentat auf Wolfgang Schäuble
12.10.1990 | 1990 war Wolfgang Schäuble Innenminister. Es ist der 12. Oktober, die Wiedervereinigung liegt gerade eine gute Woche zurück, die ersten gesamtdeutschen Bundestagswahlen stehen im Dezember bevor. Wolfgang Schäuble ist auf einer Wahlkampfveranstaltung in seinem Wahlkreis in der badischen Ortenau, als ein Mann zwei Schüsse auf ihn abfeuert. Schäuble wird lebensgefährlich verletzt. Am nächsten Morgen berichtet der Südwestfunk.
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Wolfgang Schäuble: Angela Merkel soll CDU-Chefin werden
20.3.2000 | Nach dem Rücktritt Helmut Kohls nach der verlorenen Bundestagswahl 1998 wurde Wolfgang Schäuble CDU-Parteichef – und er wäre wohl auch Kanzlerkandidat der Union geworden, hätte es nicht die CDU-Spendenaffäre gegeben. Diese hatte auch Schäuble belastet. Das war ihm auch selbst bewusst. Am 20. März 2000 verkündet er, dass Angela Merkel, damals Generalsekretärin, ihn ablösen und neue Parteichefin werden solle.
Drei Monate zuvor hatte Angela Merkel in einem Gastbeitrag in der FAZ ihrer Partei nahegelegt, sich von ihrem Ehrenvorsitzenden Helmut Kohl zu emanzipieren. -
"Ur-Sendung" des deutschen Rundfunks: Das Weihnachtskonzert von 1920
22.12.1920 / 21.3.1952 | Ein wichtiges Datum der frühen Rundfunkgeschichte ist der 22. Dezember 1920. Erstmals wird ein Rundfunkkonzert gesendet, von der Station Königs Wusterhausen südöstlich von Berlin. Initiator war der Techniker Erich Schwarzkopf, der bei diesem Konzert auch Geige spielt und das Programm ansagt.
Diese Ansage ist eine Nachaufnahme, die Erich Schwarzkopf später noch einmal eingesprochen hat. Es war auch noch kein regulärer, offizieller Rundfunkbetrieb; der begann erst im Oktober 1923. Aber es war schon eine Radiosendung.
In Königs Wusterhausen entstand noch vor dem Ersten Weltkrieg eine Militärfunkstation der Obersten Heeresleitung (OHL). Der Bau begann 1913, in Betrieb ging sie 1915.
Nach dem Krieg 1919 machen die Alliierten die Station zum Eigentum der Reichspost unter Ministerialdirektor Hans Bredow. Die Station wird vor allem dazu genutzt, Pressemeldungen zu telegrafieren, an Schiffe und ins Ausland. Gefunkt wurden also Morsezeichen, die in den rund 80 Empfangsstationen erstmal wieder in Texte umgewandelt werden mussten. Hans Bredow gab den Auftrag, das zu ändern. Aus der Funktelegrafie soll Funktelefonie werden – Sprache soll also direkt übertragen werden.
In der Station gab es einen Lichtbogensender, mit dem die Beamten in Königs Wusterhausen 1920 herumexperimentierten. Und hier setzt auch das Interview an, das Erich Schwarzkopf am 21. März 1952 gibt und in dem er erzählt, wie es zum ersten Rundfunkkonzert kam.
Im deutschen Reich war es nicht erlaubt, ohne Genehmigung Rundfunk zu empfangen. Begeisterte Resonanz kam deshalb vor allem aus dem Ausland.
Auch nach dem offiziellen Start des Rundfunks 1923 sendet Erich Schwarzkopf weiter Konzerte von Königs Wusterhausen. Doch kam es – so stellte er es später dar – zunehmend zu Unstimmigkeiten mit dem Postministerium. Die Folge: Am 24. Januar 1926 wurde das letzte derartige Konzert gesendet – mit folgender Absage:
"... Zum Schluss darf auch ich mich als Sprecher von Königs Wusterhausen verabschieden. Lange Zeit durfte ich von dieser Stelle aus zu Ihnen sprechen, sechs Jahre sind es gewesen. Zunächst nur hin und wieder an den großen Festtagen, die letzten drei Jahre an jedem Sonn- und Feiertag. Am vergangenen Sonntag hab ich Ihnen das letzte "Auf wiedersehen!" zurufen dürfen. Bewahren Sie auch fernerhin der Welle 1300 m die Treue. Ich grüße Sie zum letzten Mal mit treudeutschem Gruß: Deutschland über alles".
Der "treudeutsche Gruß" am Ende der Absage war damals eine durchaus gängige Formel. Und "Deutschland über alles" – die Zeile aus der ersten Strophe des Deutschlandliedes – war in der Weimarer Republik noch Bestandteil der Nationalhymne. | Rundfunkgeschichte -
„Deutsche Hörer!“ – Neujahrsansprache von Thomas Mann
1.1.1945 | Dies ist eine der späten Radioansprachen, die Thomas Mann aus dem Exil an seine deutschen Landsleute sendet. Es ist Neujahr 1945. Im Sommer zuvor sind Briten und US-Amerikaner in der Normandie gelandet und haben große Teile Frankreichs von den Nazis befreit. Doch im Dezember startet die Wehrmacht ihre Ardennenoffensive und rückt wieder Richtung Westen vor, bis kurz vor die Maas. Dies bewegt Thomas Mann dazu, seine Reihe „Deutsche Hörer“ wieder aufzunehmen und fortzuführen, die er 1941 in seinem Exil in Kalifornien begonnen hatte. Die Platten, die er dort aufnimmt, gelangen per Luftpost nach New York und werden von dort wiederum per Kabel nach London übertragen. Die BBC sendet die Aufnahmen schließlich über Langwelle auch ins deutsche Reichsgebiet. Hier also Thomas Manns Neuajahrsansprache vom 1. Januar 1945.
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Weihnachten im Felde (Hörbild)
1914 | Erster Weltkrieg: Hörbilder entstanden, auf Tonwalzen oder Wachsplatten gespeichert, bereits Ende des 19. Jahrhunderts. Es gab schon Aufnahmen von Spielszenen, kurzen Lesungen oder humoristischen Einlagen. Auch im Ersten Weltkrieg spielten sie eine Rolle. Hier zu hören: Gustav Schönwald. Er war ein deutscher Schauspieler und Vortragskünstler und trat auch als "Medienpionier" hervor, besonders der "Phonographischen" Industrie. Er nahm als "Spezial-Humorist für die Sprechmaschine" heitere und ernste Texte auf.
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Der Frankfurter Auschwitz-Prozess beginnt
Am 20. Dezember 1963 beginnt der erste Frankfurter Auschwitz-Prozess. Initiiert wurden die Prozesse vom Hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer. Sein Ziel war es, die Verantwortlichen im Vernichtungslager Auschwitz zur Rechenschaft zu ziehen.
Der Prozess hatte auch eine starke politische Bedeutung: 1961 fand in Jerusalem der Prozess gegen den ehemaligen SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann statt, im Frühjahr 1963 hatte die DDR Bundeskanzleramtschef Hans Globke wegen seiner Nazivergangenheit verurteilt. Die Bundesrepublik war in der juristischen Aufarbeitung der NS-Verbrechen somit ein Nachzügler.
Gleichzeitig stand die Öffentlichkeit den Prozessen gespalten gegenüber. Es gab ein großes Bedürfnis, nicht an die die NS-Zeit erinnert zu werden. Ein öffentlicher Prozess, der die Vergangenheit wieder aufwühlen würde, würde dem Ansehen Deutschlands schaden, so eine weit verbreitete Meinung.
Diesen Zwiespalt spiegelt der Kommentar von Werner Ernenputsch im zweiten Teil dieser Aufnahme. Zunächst zu hören ist aber die Live-Reportage vom Hessischen Rundfunk von der Prozesseröffnung im Frankfurter Römer.
Im Sitzungssaal des Frankfurter Stadtparlaments beginnt der Prozess gegen 22 Angeklagte. Vor Saalgeräuschen im Hintergrund eröffnet Richter Hans Hofmeyer den Prozess. Es werden Angaben zur Person der Angeklagten und der Geschworenen gemacht und Einzelheiten des Gerichtssaals beschrieben.
Von den Verhandlungstagen ab 1964 existieren zahlreiche Aufnahmen – einzelne davon im Archivradio, die meisten aber auf den Seiten des Fritz-Bauer-Instituts. -
Reichsrundfunk berichtet über Alfred Wegener und die Kontinentalverschiebung
30.8.1944 | Der Reichsrundfunk berichtet über Alfred Wegeners Theorie der Kontinentalverschiebung. Wegener hatte diese 1912 vorgestellt, allerdings waren seine Belege noch schwach.
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Der Untergang des Hapag-Lloyd-Schiffs "München"
13. bis 22.12.1978 | Die "München" war eines der größten Schiffe ihrer Zeit. Sie war 261 Meter lang und gehörte der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd.
Ende November 1978 startete die "München" mit 28 Mann an Bord in Bremerhaven nach Savannah im US-Bundesstaat Georgia; sie sollte Maschinenteile in die USA bringen.
Doch die Bedingungen auf dem Atlantik sind hart: Windstärke 11, Schneeschauer und Hagel, 15 Meter hohe Wellen.
Am 12. Dezember 1978, kurz nach Mitternacht, meldet der Funker einen Schaden an der Brücke und eingeschlagene Bullaugen. Drei Stunden später funkt er noch ein SOS, dann reißt der Kontakt ab. Die Reederei startet eine Suchaktion.
Am 13. Dezember berichtet der NDR über den Stand und interviewt dazu den Pressesprecher der Hapag-Lloyd, Gerhard Simonsen.
Immer wieder berichten die Sender über den Stand der Dinge, bis am 22. Dezember 1963 Hapag-Lloyd bekannt gibt, dass die Suche nach der "München" eingestellt ist. Es gäbe keine Hoffnung mehr, das Schiff oder überlebende Besatzungsmitglieder zu finden. -
Das Volkszählungs-Urteil: Bundesverfassungsgericht erklärt "informationelle Selbstbestimmung" zum Grundrecht
15.12.1983 | Im April 1983 hätte es nach langer Zeit wieder mal eine Volkszählung geben sollen, doch das Bundesverfassungsgericht hat das Vorhaben gestoppt, zunächst per einstweiliger Anordnung, dann, im Dezember 1983, auch mit einer ausführlichen Begründung: Eine Volkszählung an sich sei in Ordnung – aber der Staat dürfe auch nicht beliebig Daten sammeln. Das Urteil ist wegweisend, denn erstmals erklärt das Verfassungsgericht die informationelle Selbstbestimmung zu einem Grundrecht. Dies leiten die Richter aus dem zweiten Artikel des Grundgesetzes ab, das die freie Entfaltung der Persönlichkeit garantiert.
Die Volkszählung musste nach der Entscheidung aus Karlsruhe neu organisiert werden und fand dann erst 1987 statt. -
Todesurteil gegen Adolf Eichmann
15.12.1961 | Vor der Urteilsverkündung äußert sich Adolf Eichmann vor dem Gericht in Jerusalem in seinem Schlusswort. Es ist der 13. Dezember 1961. Zwei Tage später, am 15. Dezember 1961, verkündet das Gericht schließlich das Todesurteil, vollstreckt im darauffolgenden Jahr: Adolf Eichmann wurde in der Nacht vom 31. Mai auf den 1. Juni 1962 durch Hängen hingerichtet.
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Konrad Adenauer unterschreibt den "Marshallplan"
15.12.1949 | Nach dem Zweiten Weltkrieg schlägt US-Außenminister George C. Marshall(1880 - 1959) ein 12 Milliarden Dollar schweres Aufbauprogramm für Westeuropa vor. Seine Vorstellung vom Wiederaufbau hatte Marshall erstmals am 5. Juni 1947 in einer Rede vor Studenten präsentiert. Neben humanitären Erwägungen ging es dabei auch um eigene Interessen. Die USA hofften, den Einfluss der Sowjetunion zurückzudrängen und den eigenen Handel zu beleben. Bundeskanzler Konrad Adenauer unterzeichnet den Marshallplan (offiziell European Recovery Program (ERP) genannt) – zusammen mit dem Hohen Kommissar der Vereinigten Staaten in der Bundesrepublik John Jay McCloy. Reporter Hans Jesse berichtet von der Zeremonie im Bonner Kanzleramt.
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Gerhard Schröder bekommt hoch dotierten Gazprom-Job
12.12.2005 | Am 18. September 2005 hat Bundeskanzler Gerhard Schröder die Bundestagswahl verloren. Am 22. November übergibt er das Amt an Angela Merkel. Keine drei Wochen später, am 9. Dezember 2005, wird bekannt, dass er in den Dienst des russischen Erdgaskonzerns Gazprom wechselt und Aufsichtsratschef des gerade erst gegründeten Konsortiums für die damals neu geplante Ostseepipeline für russisches Erdgas wird. Diesem Konsortium gehören neben Gazprom auch die deutschen Unternehmen E.ON und Wintershall an.
Pikant ist Schröders neuer Job auch deshalb, weil er als Bundeskanzler die Pläne für die Pipeline vorangetrieben hat. Entsprechend harsch fällt die Kritik aus – zunächst bei den politischen Gegnern, aber nach einigen Tagen, am 12. Dezember 2005, zeigen auch immer mehr SPD-Politiker ihr Unverständnis.
An diesem Tag macht SWR3 die Geschichte zum Topthema.
In den folgenden Tagen und Wochen sieht Russland seine Position auch gegenüber der Ukraine gestärkt und erhöht den Gaspreis für die Ukraine. Es kommt zum ersten heftigen Gasstreit zwischen beiden Ländern. -
Eleanor Roosevelt verkündet Charta der Menschenrechte
Paris, 10. Dezember 1948: Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte wird verkündet. Die Frau des Tages ist Eleanor Roosevelt. Sie, die ehemalige First Lady der USA, wurde nach der Amtszeit von Präsident Franklin D. Roosevelt Botschafterin bei den Vereinten Nationen und hat die zuständige Kommission geleitet. Der folgende Ausschnitt ihrer Rede und die Verlesung des Anfangs der Charta setzen sich aus verschiedenen Tonquellen zusammen, deshalb die unterschiedliche Klangqualität.
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Vorlesung über Vererbungslehre auf der NS-Ordensburg Vogelsang
9.12.1937 | Die Ordensburg Vogelsang in der Eifel war eine der Kaderschmieden der NSDAP. Die als "Junker" bezeichneten Lehrgangsteilnehmer sollten für hochrangige Regierungs- und Verwaltungsämter vorbereitet werden. Teil der Ausbildung waren tägliche Vorlesungen, die der ideologischen Schulung dienten. Hans Dietel war Kommandeur der Ordensburg Vogelsang und Hauptlehrer für "Erblehre und Rassenkunde". Er hält am 9. Dezember 1937 eine Vorlesung, in der er über die Vererbbarkeit von angeblichen "Rassenmerkmalen" und "Nerven- und Geisteskrankheiten" fabuliert. Gleichzeitig greift er die Fürsorgepolitik der Kirche heftig an. Sie sei Stütze und Förderer "der Entwicklung alles schwachen und kranken Lebens".
Die Aufnahme des Vortrags ist lückenhaft und Hans Dietel verlässt mehrfach das Mikrofon.
Mit Kriegsbeginn, im September 1939, wurde der Schulungsbetrieb ausgesetzt und die "Junker" eingezogen. Als fanatische Anhänger beteiligten sich einige in den "Reichskommissariaten Ostland und Ukraine" an schweren Kriegsverbrechen. -
Erwin Schrödinger: "Unsere Vorstellung von der Materie"
9.12.1952 | In der Physik ist Erwin Schrödinger (1887 - 1961) vor allem bekannt als "der mit der Katze". Aber dieses Gedankenexperiment ist nicht das einzige, was der Nobelpreisträger und Begründer der Quantenmechanik hervorgebracht hat. 1952 hält er in der Schweiz einen Vortrag zum Thema: "Unsere Vorstellung von der Materie".
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Krieg im Äther: Russische Störsender überlagern deutsche Propaganda
8.12.1942 | Im Zweiten Weltkrieg war auch der Rundfunk ein Schlachtfeld. Die Kriegsparteien versuchten, die Übertragung des gegnerischen Funks zu stören. Im Archiv findet sich eine eindrucksvolle Aufnahme. Während der deutschen Lagemeldung ist dröhnend Laut Gegenpropaganda zu hören, vermutlich von russischer Seite gesendet. Ein Sprecher brüllt: "Wo ist Rommel?", "in Italien geht alles drunter und drüber", "alles Lügen" oder "aus Russland kommt niemand zurück".
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John Lennon wird ermordet
8.12.1980 | John Lennon, weltbekannt als Sänger und Gitarrist der Beatles, der erfolgreichsten Band der Musikgeschichte, wird vor seinem Haus ermordet. Es ist der Abend des 8. Dezember 1980. USA-Korrespondent Hans-Joachim Kruse schildert die Ereignisse.
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Die Anfänge des Zeitfunks – Paul Laven über die frühe aktuelle Berichterstattung
1923 startete der Rundfunkbetrieb in Deutschland, ab 1925 war auch Paul Laven mit dabei. Mit gerade mal 22 Jahren kam er zum damaligen Südwestdeutschen Rundfunkdienst nach Frankfurt am Main. Bestand der Rundfunk anfangs aus Unterhaltungssendungen und Hörspielen, machte es sich Laven zur Aufgabe, die aktuelle Berichterstattung zu stärken. Auf ihn geht der Begriff „Zeitfunk“ zurück, der lange für die aktuellen Sendungen verwendet wurde. Und er wurde Pionier der Sportreportage. Am 28. Juni 1925 berichtete er von einer Ruderregatta auf dem Main, 1926 die deutsche Fußballmeisterschaft.
Laven konnte auch in der NS-Zeit weiterarbeiten, er war zwar nicht NSDAP-Mitglied, aber passte sich an. Er berichtet von den Parteitagen ebenso von der Einweihung der Reichsautobahn oder 1936 von den Olympischen Spielen in Berlin. Nach dem Zweiten Weltkrieg verliert er seine Festanstellung und bekommt nur noch gelegentlich Aufträge vom Rundfunk. Aber er wird eingeladen, um über die Anfänge zu reden. So wie in diesem Gespräch, in dem er einen Einblick gibt, wie sich in den ersten Rundfunkjahren die verschiedenen Sparten des Rundfunks, insbesondere der Zeitfunk und die Reportagen entwickelt haben. Das Datum der Aufnahme ist leider ebenso wenig dokumentiert wie der Name des Interviewers.
Quelle: HR -
Zweites Vatikanisches Konzil reformiert die katholische Liturgie
4.12.1963 | Drei Jahre lang dauerte das Zweite Vatikanische Konzil, einberufen von Papst Johannes XXIII. Ziel war eine "pastorale und ökumenische Erneuerung": Ökumenisch, indem sich die katholische Kirche stärker gegenüber der evangelischen Kirche und der Orthodoxie öffnen sollte. Pastoral, indem die Liturgie reformiert wurde. Die Gottesdienste sollten volksnäher werden, Laien mehr einbinden und vor allem in der jeweiligen Landessprache statt in Latein abgehalten werden. Diese Reform nimmt in der zweiten Sitzungsperiode 1963 Gestalt an, die unter Johannes‘ Nachfolger, Paul VI., abgehalten wird. Am 4. Dezember 1963 beschließt das Konzil die Grundlage für die Liturgiereform, das Dokument "Sacrosanctum Concilium". In einem zweiten Dekret "Inter mirifica" bezieht das Konzil Stellung zu den immer wichtiger werdenden Massenmedien. Es plädiert für Pressefreiheit, aber auch für Jugendschutz. Vor allem aber nimmt sich der Vatikan vor, selbst stärker medial aktiv zu werden. Der Südwestfunk berichtet noch am selben Tag in einer Sondersendung über die Bekanntgabe aus Rom.
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Henry Kissinger im Gespräch mit Dieter Kronzucker
4.11.1990 | Deutschland ist seit einem Monat wiedervereinigt. Ein guter Zeitpunkt für ein ausgiebiges Gespräch mit dem ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger (1923 - 2023), dessen politisches Leben wesentlich bestimmt war vom Ost-West-Konflikt in all seinen Ausprägungen. Von der Kuba-Krise über den Vietnamkrieg bis zum Eisernen Vorhang in Europa, der Deutschland 40 Jahre lang in Ost und West geteilt hat.
Kissinger, der 1923 als Heinz Alfred Kissinger im fränkischen Fürth geboren wurde, floh mit seiner Familie 1938 vor den Nazis in die USA, später wird er sicherheitspolitischer Berater und schließlich Außenminister unter Richard Nixon.
Im Gespräch mit Dieter Kronzucker blickt er auf sein Leben zurück, auf die Weltlage nach dem Mauerfall und er geht auch auf die Kritik ein, die viele an seiner Politik geübt haben. -
UN-Vollversammlung stimmt für Aufteilung Palästinas
29.11.1947 | Bis zum Ersten Weltkrieg gehörte Palästina zum Osmanischen Reich. Das Osmanische Reich gehörte aber zu den Kriegsverlierern und hat sich in der Folge aufgelöst. Palästina wurde Mandatsgebiet von Großbritannien. In dieser Zeit und schon vorher wanderten viele Juden nach Palästina aus. Großbritannien hatte den Juden schließlich schon 1917 versprochen, in Palästina eine Heimstätte für das jüdische Volk zu schaffen. Das war die berühmte Balfour-Erklärung.
Die Einwanderung führte allerdings zu schweren Konflikten mit den ebenfalls dort lebenden Arabern. Großbritannien war mit den wachsenden Spannungen überfordert und stand auch unter Druck, Palästina in die Unabhängigkeit zu entlassen. Aber die Bevölkerung Palästinas bestand zu diesem Zeitpunkt aus Juden und Arabern und beide hatten sehr unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft des Landes.
Also übergab Großbritannien das Problem an die Vereinten Nationen. Die verabschiedeten einen Teilungsplan. Palästina wurde auf dem Papier in einen jüdischen und einen palästinensischen Staat geteilt. In diesem Teilungsplan zerfiel übrigens auch der jüdische Staat in einen nördlichen und einen südlichen Teil, Jerusalem gehörte in diesem Plan nicht zum jüdischen Staatsgebiet, sondern sollte unter internationale Kontrolle gestellt werden.
Über diesen Teilungsplan stimmte die UN-Vollversammlung am 29. November 1947 ab.
Mit 33 Ja- zu 13 Nein-Stimmen bei 10 Enthaltungen stimmte die Mehrheit für die Aufteilung des Landes. Großbritannien hat sich als ehemalige Mandatsmacht enthalten. Ein halbes Jahr später erklärt Israel seine Unabhängigkeit. -
Erster autofreier Sonntag – Sondersendung
25.11.1973 | Im Herbst 1973 drosseln die OPEC-Länder den Erdölexport und sorgen damit für die erste weltweite Ölkrise. Das Ölembargo ist eine Reaktion auf den Jom-Kippur-Krieg. Am 6. Oktober hatten Ägypten und Syrien überraschend Israel angegriffen - am höchsten Jüdischen Feiertag. Trotz schwerer Verluste kann Israel den Angriff abwehren. Es erobert und besetzt Teile der syrischen Golanhöhen.
Die OPEC-Staaten setzen daraufhin das Erdölembargo als Sanktion gegen den Westen ein, der sich im Konflikt auf die Seite Israels gestellt hat.
Die Bundesrepublik reagiert auf die Ölknappheit mit einer ungewöhnlichen Sparmaßnahme. Sie verhängt vier autofreie Sonntage sowie Tempolimits. Der erste dieser Sonntage ist der 25. November. Der Südwestfunk sendet dazu nachmittags eine dreistündige Sondersendung. Wir hören einen Zusammenschnitt aus der ersten Stunde. Vor allem die Musik haben wir herausgeschnitten. Besonders hörenswert: Die launige Reportage von SWF-Reporter Pit Klein, etwa ab 03:00 dieser Aufnahme. -
John F. Kennedy wird ermordet
22.11.1963 | US-Präsident John F. Kennedy ist im November 1963 auf Wahlkampfreise unterwegs. Mit seiner Wagenkolonne fährt er durch die texanische Stadt Dallas. Er steht aufrecht im offenen Wagen, als mehrere Schüsse auf ihn abgefeuert werden. Einer davon trifft ihn tödlich. Die ganze Welt reagiert schockiert. Unmittelbar nach dem Tod Kennedys wird Vizepräsident Lyndon B. Johnson als Nachfolger vereidigt.
Die Aufnahme enthält mehrere Korrespondentenberichte sowie die Ansprachen von Bundeskanzler Ludwig Erhard und dem Regierenden Bürgermeister von West-Berlin, Willy Brandt. -
Gunther von Hagens seziert öffentlich eine Leiche in London
20.11.2002 | 500 Menschen dürfen zusehen, wie der deutscher Anatom Gunther von Hagens in der Londoner Art Gallery am 20. November 2002 eine Leiche seziert. Erst öffnet er den Schädel, dann den Brustkorb und schließlich legte er die inneren Organe des Toten frei. Der Mann war Kettenraucher und Alkoholiker und ist mit 72 Jahren gestorben.
Die anatomische Sektion wurde kurz vor Mitternacht auch von Channel 4 im Fernsehen ausgestrahlt – und das, obwohl die britische Regierung die Aktion zuvor für illegal erklärt hatte.
Es ist nicht das erste Mal, dass Gunter von Hagens sich mit Leichen ins Rampenlicht begibt. 1995 hat er schon mit seiner Wanderausstellung "Körperwelten" für Aufsehen und für Proteste gesorgt. Darin hat er sezierte tote menschliche Körper plastiniert und teilweise in kunstvollen Posen zur Schau gestellt.
Nun also die öffentliche Autopsie in London. Bevor wir hören, wie sie am Abend ablief, zunächst der Bericht vom Nachmittag, als das Spektakel noch auf der Kippe stand. -
Erhard Eppler – Öko-Vordenker in der SPD
19.11.1985 | Der SPD-Politiker Erhard Eppler (1926 - 2019) wollte eigentlich die Gründung der Grünen verhindern und versuchte deshalb, die Themen der Grünen, vor allem Frieden und Umweltschutz mit seiner eigenen Partei, der SPD stark zu besetzen. Damit konnte er sich aber in der entscheidenden Zeit, Ende der 1970er, Anfang der 80er Jahre nicht durchsetzen. Dennoch blieb Erhard Eppler ein friedensbewegter und ökologischer Vordenker seiner Partei. Hier ein Vortrag Epplers vom 29. November 1985. Titel: Ökologie – Einsichten und Durchsetzung. Der einzig mögliche Schlüssel zum Umweltschutz sei: Einerseits ein Bewusstseinswandel, zum anderen strukturelle Veränderungen in Gesellschaft und Politik. Ökologie müsse gegen bestehende Machtinteressen durchgesetzt werden.
Eppler hielt den Vortrag vor überwiegend studentischem Publikum auf Einladung des Instituts für Landschaftsplanung und des Initiativkreises Ökologie der beiden Stuttgarter Universitäten. -
Grenzübergang Helmstedt kurz nach DDR-Gründung
18.11.1950 | Mit der Gründung der zwei deutschen Staaten 1949 wird auch die Grenze immer sichtbarer, immer besser kontrolliert, auch wenn es noch keine Mauer gibt. Der Grenzübergang bei Helmstedt auf der Autobahn zwischen Hannover und Berlin wird für Transitreisende zu einem Ort, bei dem man froh ist, wenn man ihn hinter sich gelassen hat. Am 18.11.1950 schildert Reporter Markus Joachim Tidick die Situation dort.
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SDR führt als erster Sender UKW ein und ein 2. Radioprogramm
15.11.1950 | Das Radioprogramm über Mittel- und Kurzwelle war oft schlecht zu empfangen, rauschte und die zahlreichen Sender – deutschland- und europaweit – störten sich gegenseitig. In den USA hatte man schon Anfang der 1930er-Jahre angefangen, mit der Ultrakurzwelle zu experimentieren. In Deutschland brauchte die Entwicklung länger. Vorreiter wurde der Süddeutsche Rundfunk in Stuttgart. 1950 startet er sein zweites Hörfunkprogramm gleich als UKW-Sender. Dieses zweite Programm sollte das erste Programm ergänzen und für "höchste Ansprüche sein" – so SDR-Programmdirektor Peter Kehm. Er begrüßt die Hörerinnen und Hörer am 15.11.1950 in eben jenem neuen UKW-Programm.
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Ernst Lubitsch über den Tonfilm
12.11.1932 | "Wenn der Mensch die Lippen bewegt, muss man auch hören, was er sagt." – Im Januar 1929 beginnt die Tonfilmära in Deutschland. Auch vorher wurden Filme schon akustisch begleitet, aber die synchrone Verbindung von Bild und Ton und damit das hörbare gesprochene Wort – das war neu! Deshalb werden diese Filme anfangs auch "Talkie" genannt.
Der Filmregisseur Ernst Lubitsch (1892 - 1947) gehörte zu den Pionieren des Tonfilms mit seinem Hollywoodfilm "Loveparade". Hier ein Interview mit ihm vom 12.11.1932, aufgenommen im Berliner Hotel "Adlon". -
Retter der Schallplatte: Eduard Rhein
Herbst 1953 | 1942 erfindet der deutsche Schriftsteller und Tüftler Eduard Rhein ein neues Verfahren, das es ermöglicht, bei Schallplatten die Rillen weiter zu verdichten, sodass mehr Musik auf eine Schallplatte passt. Dieses sogenannte Füllschriftverfahren bildet die Grundlage der späteren Langspielplatte. Rhein wird 1946 Chefredakteur der Programmzeitschrift "Hörzu", entwickelt aber in dieser Zeit das Verfahren weiter. 1953 spricht er darüber im Südwestfunk, das genaue Aufnahmedatum ist im Archiv nicht vermerkt. Da Rhein aber auf die zurückliegende Funkausstellung Bezug nimmt, die Anfang September 1953 stattfand, muss das Gespräch danach stattgefunden haben. Der Moderator spricht von der "Lebensrettung der Schallplatte".
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Hannah Arendt und die "Banalität des Bösen"
9.11.1964 | Die jüdische Philosophin und ehemalige Heidegger-Schülerin Hannah Arendt beobachtete in Israel den Eichmann-Prozess und schrieb ihre Gedanken darüber in einem Buch mit dem Titel "Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen" nieder. Sie gelangte darin zu einer neuen Deutung der Nazi-Verbrechen. In einem Gespräch mit dem damaligen NDR-Redakteur und späteren FAZ-Herausgeber Joachim Fest erläuterte sie ihre Thesen.
Der Publizist Micha Brumlik sagte im Gespräch mit SWR2 über das Interview: "So recht Hannah Arendt im Grundsätzlichen hat, hat doch die historische Forschung inzwischen herausgefunden, dass sie sich in Adolf Eichmann getäuscht hat. Das war nicht nur ein Funktionär, sondern ein hasserfüllter und ressentimentgeladener Antisemit. Er hat damals in Jerusalem, flapsig gesprochen, eine Show abgezogen, auf die Arendt hereingefallen ist."