Das Bonmot von den „handverstimmten Instrumenten“ gehört eher zur sogenannten historischen Aufführungspraxis als in die Neue Musik. In der Neuen Musik allerdings basieren viele Stücke auf individuellen Stimmungssystemen, jenseits der traditionellen temperierten Stimmung, die etwa die Abstände der Töne in einem „normalen“ Klavier bestimmt. Ein Pionier der alternativen Stimmungssysteme war der amerikanische Komponist und Instrumentenbauer Harry Partch (1901–1976). Seine Musik und sein spezielles Instrumentarium (u. a. adaptierte Streichinstrumente, Gitarre, Kithara und Harfe) basieren auf der reinen Stimmung und teilen die Oktave in 43 Teile (statt in zwölf Halbtöne wie in der temperierten Stimmung). Theoretische Grundlage für Partch war die Schrift von Hermann von Helmholtz: Die Lehre von den Tonempfindungen als physiologische Grundlage für die Theorie der Musik (1863). Ähnlich wie Partch komponierte auch dessen Schüler James Tenney mit alternativen Stimmungssystemen, die er in manchen Kompositionen der traditionellen temperierten Stimmung gegenüberstellte (Song’n Dance for Harry Partch für Solisten und Orchester, 1999), auch Manfred Stahnke verwendet in seiner Musik Partchs Konzepte oder Instrumente. Ebenfalls von Helmholtz’ Theorie beeinflusst, entwarf Wolfgang von Schweinitz ein eigenes Stimmungssystem, das er 1997 in dem Stück Helmholtz-Funk für zwei Klaviere und Live-Elektronik erstmals öffentlich präsentierte, zusammen mit Marc Sabat entwickelte er die „Helmholtz-Ellis Notation für reine Stimmung“. Georg Friedrich Haas schrieb zahlreiche Kompositionen, die mit dem Kontrast zwischen Oberton-basierter, „reiner“ und temperierter Stimmung arbeiten. Klaus Huber verwendete mehrfach Mikrointervall-Strukturen (Mikrotonalität) aus arabischen Stimmungssystemen.