Die frühen Jahre und „Jeune France“
1908 in Avignon als Sohn eines Englischprofessors und einer Lyrikerin geboren, studiert er in der französischen Hauptstadt und findet früh Anerkennung. Schon bald nach dem Konservatorium werden seine Werke aufgeführt.
Mit Kollegen gründet der komponierende Kirchenmusiker außerdem die Gruppe „Jeune France“, die sich einer menschlichen und nicht bloß abstrakten Musik verschreibt. Als jedoch der Zweite Weltkrieg ausbricht, wird der junge Künstler in die Armee eingezogen und gerät in deutsche Gefangenschaft.
Ein Quartett im Gefangenen-Lager
Von Juni 1940 bis März 1941 ist er im Stammlager VIII A bei Görlitz interniert. Hier komponiert er unter widrigsten Bedingungen eines seiner berühmtesten Werke, das „Quatuor pour la fin du temps“.
Seine ungewöhnliche Besetzung verdankt das Quartett dem Umstand, dass sich unter seinen Mitgefangenen ein Klarinettist, ein Geiger und ein Cellist befinden. Zusammen mit Olivier Messiaen an einem verstimmten Klavier mit klemmenden Tasten spielen sie am 15. Januar 1941 in der Theaterbaracke des Lagers die Uraufführung.
Die Kraft der Musik mit choralartigen Melodien, leuchtenden Harmonien, apokalyptischen Rufen, Hindu-Rhythmen und sehnsuchtsvollen Vogelgesängen beeindruckt das Publikum, das vor allem aus Mitgefangenen besteht, zutiefst. „Niemals“, erinnert sich der Komponist, „hat man mir mit mehr Aufmerksamkeit und Verständnis zugehört.“
Lehrer einer Komponisten-Generation
Zurück in Frankreich wird Messiaen als Dozent an das Pariser Konservatorium berufen, wo er eine Generation berühmter Komponisten unterrichtet. Zu seinen Schülern gehören Pierre Boulez, Iannis Xenakis, Mikis Theodorakis und Karlheinz Stockhausen.
Während ihn die jüngere Nachkriegsavantgarde schon bald als Gründervater des Serialismus feiert, verfolgt der Franzose jedoch weiter seinen ganz eigenen Weg. Dabei leitet ihn eine überbordende, synästhetische Phantasie, die ihn von farbigen Klängen träumen lässt, diesem „Wirbel von Tönen und Farben in einem Wirrwarr von Regenbögen“.
Synästhetik, Elektronik, Gamelan und Vogelgezwitscher
Olivier Messiaen schreibt seine Farbvisionen dem Orchester ein, komponiert für die elektronischen Ondes Martenot und forscht auf dem Gebiet der Rhythmik. Wie lange mag er außerdem zu früher Morgenstunde im Gras sitzen, um dem Gesang der Vögel zu lauschen? Rund 700 Vogelstimmen kann der Hobby-Ornithologe unterscheiden, was in vielen seiner Werke nachklingt:
Vom Endzeitquartett über den „Catalogue d’Oiseaux“ für Klavier bis hin zu seiner 1983 uraufgeführten Oper über den Heiligen Franz von Assisi. Der Gesang der Schöpfung bietet ihm in einer sich beschleunigenden Welt den rettenden Halt.