Überirdischer Klang mit acht Stimmen
Acht Stimmen, mehr braucht es nicht, um einen Kirchenraum in überirdische Klänge zu hüllen – zumindest nicht, wenn diese acht Stimmen zu Voces8 gehören.
„Ich denke, es ist sehr einfach, in einen so großen Saal wie eine Kirche zu gehen und einfach drauf loszusingen“, sagt Barnaby Smith, Countertenor und Leiter des Londoner A-Cappella-Ensembles. „Aber eigentlich singen wir die meiste Zeit sehr leise. Die sanfte Art des Gesangs mit acht Leuten hat eine engelsgleiche, eindringliche und emotionale Wirkung.“
2003 gründete Smith das Ensemble mit seinem Bruder Paul, beide ehemalige Sängerknaben der Westminster Abbey. Paul verließ die Gruppe 2016, seither leitet Barnaby Smith die Gruppe allein.
Voces8 singen „The Sound of Silence“ von Simon & Garfunkel
Von Purcell bis Paul Simon
Fast 300.000 Follower haben Voces8 auf YouTube, ihre erfolgreichsten Videos erreichen ein Millionenpublikum. Die Musik, die sie dort präsentieren, reicht von Purcell und Monteverdi über Fauré und Elgar bis hin zu zeitgenössischen Komponisten wie Ola Gjeilo, Jonathan Dove und Christopher Tin, dessen Komposition „The Lost Bird“ ihnen 2023 eine Grammy-Nominierung bescherte.
Aber auch Jazz-Standards und Pop-Songs finden sich in ihrem Repertoire, etwa von Enya oder Simon & Garfunkel. Paul Simon bat die Vokalkünstler*innen schließlich sogar, auf seinem 2023 erschienen Album „Seven Psalms“ mitzuwirken.
Erlaubt ist, was gefällt
Erlaubt ist, was gefällt – das vermitteln Voces8 auch bei ihren Konzerten. Die Atmosphäre ist locker und familiär. Die Sängerinnen und Sänger moderieren im Plauderton ihre Nummern an, machen Witze und geben dem Publikum Empfehlungen, wo man am besten klatschen sollte und wo vielleicht auch mal nicht.
„Wir versuchen, einfache Menschen auf einer Bühne zu sein und singen dabei Musik, die wir lieben“, erklärt Smith das Gefühl, das bei ihrem Publikum ankommen soll. Sie wollen mit ihrer Musik auf eine emotionale Reise mitnehmen und mit der breiten Palette an musikalischen Farben überraschen.
Arvo Pärts Motette „The Deer's Cry“
Nicht bloß in den klassischen Stimmlagen unterwegs
Das fordert den Sängerinnen und Sängern eine gewaltige stimmliche und stilistische Bandbreite ab: „Es gibt Konzerte, in denen singe ich alles vom Bass bis zum Sopran“, verrät etwa Altistin Katie Jeffries-Harris.
Bariton Christopher Moore ergänzt: „In der Klassik singen wir offensichtlich Texte und versuchen, diese mit allen ihnen innewohnenden Farben zu malen.“ Im Jazz-Repertoire hingegen imitieren sie gerne auch Instrumentenklänge: „Eine Sache, die ich als Bassist oft mache, ist, dass ich versuche, den gezupften Bass nachzuahmen, wie man ihn in einer Jazzband findet.“
„Für mich ist die Art und Weise, wie wir miteinander harmonieren, am wichtigsten“, bringt es Leiter Barnaby Smith auf den Punkt. „Wir stimmen uns so ab, dass der Klang viele Obertöne enthält“, verrät der Countertenor. „Aber wir singen auch oft mit einem gut kontrollierten Vibrato in der Stimme, damit die Akkorde wirklich ineinandergreifen.“
„Es ist wie eine Familie“
Über die Jahre hat sich die Besetzung der A-Capella-Gruppe zwanzigmal geändert. Für Barnaby Smith ist das kein Makel, es sei sogar notwendig, um frischen Wind in die Gruppe zu bringen. „Es ist wie eine Party mit acht Leuten“, erklärt Smith. „Mit jedem Wechsel verändert sich die Dynamik. Wir begrüßen es mit offenen Armen.“
„Es ist wie eine Familie, es gibt viel Liebe“, resümiert Barnaby Smith seine Erfahrungen aus den vergangenen Jahren. „Und wenn wir streiten, dann eigentlich immer nur über die Musik.“