Das war keine Frage zwischen Ost und West, denn selbst hinter dem Eisernen Vorhang wurde Schostakowitsch mit schöner Regelmäßigkeit als Formalist geächtet, während man ihn im Westen schief ansah, wenn es so aussah, als habe er wieder mal seinen Frieden mit der parteiamtlichen Ästhetik gemacht.
Zitate zu Schostakowitsch
Der Komponist saß zwischen den Stühlen. Hier waren es die machtvollen Forderungen nach einem volksnahen Realismus, dort die musikantische Lust, sich in die Modernismen seiner Zeit zu stürzen und sie der eigenen Sprachfähigkeit zuzuführen.
Dieses Katz- und Mausspiel, das in der Sowjetunion lebensgefährlich sein konnte, hat eine Musik geformt, die im ständigen Widerstand gegen das Angesagte listenreich über sich selbst hinausgewachsen ist. Es entstand eine Sprache zwischen den Zeilen.
Die populäre Fasslichkeit ist zwar eine Tatsache, aber was gemeint war, versteckte sich gerne in einem attraktiven Zwielicht. Und am Anfang stand das Experiment der angewandten Kunst. Der junge Schostakowitsch erprobte als Stummfilmpianist, wie Musik funktioniert, wie sie ankommt. Diese Arbeit im Halbdunkel des Kinosaals prägte seine reaktionsschnelle Professionalität.
Bezeichnenderweise ist ein gutes Drittel seines Werks Filmmusik. Der daraus geschöpfte populäre Ton verdankt sich einem aktuellen Medium. Die damit assoziierte Musik ist treffsicher und im wahrsten Sinne des Wortes hintergründig.
TV-Dokumentation: Nahaufnahme Schostakowitsch
Der Film von Oliver Becker und Katharina Bruner (Koproduktion mit dem SWR) zeigt viele schwarz-weiße Originalaufnahmen, die abwechselnd durch Interviewsequenzen mit Kurt Sanderling, Maxim Schostakowitsch, Irina Schostakowitsch, Galina Schostakowitsch, Tichon Chrennikow und Solomon Wolkow ein Portrait des russischen Komponisten zeichnen.