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Genosse Schostakowitsch: Lebensgefährliches Katz- und Mausspiel

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Autor/in
Reinhard Ermen

Das Publikum hat längst entschieden, Dmitrij Schostakowitsch kommt an. Bei denen, die die Musikgeschichte schreiben und die darin involvierten Figuren nach ihrer Größe sortieren, hat es etwas länger gedauert, bis feststand, dass dieser Komponist eine Schlüsselfigur des 20. Jahrhunderts ist. Erfahren Sie hier mehr über einen gleichermaßen genialen wie gequälten Künstler, dessen Werk und Leben mit der Geschichte der Sowjetunion untrennbar verbunden sind.

Das war keine Frage zwischen Ost und West, denn selbst hinter dem Eisernen Vorhang wurde Schostakowitsch mit schöner Regelmäßigkeit als Formalist geächtet, während man ihn im Westen schief ansah, wenn es so aussah, als habe er wieder mal seinen Frieden mit der parteiamtlichen Ästhetik gemacht.

Zitate zu Schostakowitsch

Dmitrij Schostakowitsch
"Schostakowitsch ist ein kleiner Mann mit nervös umherirrenden Augen. Während ich ihm Fragen stelle, blickt er mich starr, wie hypnotisiert an. Wenn er antwortet, blickt er im Zimmer herum, fährt sich ständig mit zitternden Händen durch das Haar, setzt die Brille auf und ab. Schostakowitsch ist ein gehetzter Mann. Niemand kann wissen, was hinter dem zuckenden Gesicht vorgeht.", so der ARD-Korrespondent Gerd Ruge nach einer Begegnung mit dem Komponisten im Jahr 1959. Bild in Detailansicht öffnen
Pablo Heras-Casado
"Seine Musik ist in vielerlei Hinsicht 'an der Grenze', das liebe ich wirklich sehr an Schostakowitsch. Und gerade in der jetzigen Zeit lohnt sich ein neuer Blick auf sein Werk." Pablo Heras-Casado, 2019 Bild in Detailansicht öffnen

Der Komponist saß zwischen den Stühlen. Hier waren es die machtvollen Forderungen nach einem volksnahen Realismus, dort die musikantische Lust, sich in die Modernismen seiner Zeit zu stürzen und sie der eigenen Sprachfähigkeit zuzuführen.

Dieses Katz- und Mausspiel, das in der Sowjetunion lebensgefährlich sein konnte, hat eine Musik geformt, die im ständigen Widerstand gegen das Angesagte listenreich über sich selbst hinausgewachsen ist. Es entstand eine Sprache zwischen den Zeilen.

DSCH - Schostakowitsch
D-S-C-H: Schostakowitschs Signatur in der Musik

Die populäre Fasslichkeit ist zwar eine Tatsache, aber was gemeint war, versteckte sich gerne in einem attraktiven Zwielicht. Und am Anfang stand das Experiment der angewandten Kunst. Der junge Schostakowitsch erprobte als Stummfilmpianist, wie Musik funktioniert, wie sie ankommt. Diese Arbeit im Halbdunkel des Kinosaals prägte seine reaktionsschnelle Professionalität.

Bezeichnenderweise ist ein gutes Drittel seines Werks Filmmusik. Der daraus geschöpfte populäre Ton verdankt sich einem aktuellen Medium. Die damit assoziierte Musik ist treffsicher und im wahrsten Sinne des Wortes hintergründig.

TV-Dokumentation: Nahaufnahme Schostakowitsch

Nahaufnahme Schostakowitsch - Ein Portrait des russischen Komponisten (Dokumentation, 2006)

Der Film von Oliver Becker und Katharina Bruner (Koproduktion mit dem SWR) zeigt viele schwarz-weiße Originalaufnahmen, die abwechselnd durch Interviewsequenzen mit Kurt Sanderling, Maxim Schostakowitsch, Irina Schostakowitsch, Galina Schostakowitsch, Tichon Chrennikow und Solomon Wolkow ein Portrait des russischen Komponisten zeichnen.

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Reinhard Ermen