Aus den 1830er Jahren stammt Robert Schumanns zweite Klaviersonate. Auf großartige Weise hat der Komponist hier Unruhe, Lyrisches und hohe Virtuosität in einem Werk verbunden. Der junge Pianist Rafał Blechacz spielte das Werk im November 2018 beim Festival Internationale Pianisten in Mainz.
Die hohe Kunst der Klavierpoetik
Die Sonate in g-Moll, entstanden in einem langen Zeitraum zwischen 1833 bis 1838, ist eines von drei Werken dieser Gattung, die Robert Schumann für „sein“ Instrument, das Klavier geschrieben hat.
Den Anfang hatte das Werk offenbar in einem Lied aus Jugendtagen. Dieses Lied, „Im Herbste“, auf Verse des Dichters Justinus Kerner, war bereits 1828 entstanden. Nach einer weiteren Fassung als Klavierstück (es trug den fantasievollen Namen „Papillote“) fand das Material zu guter Letzt Eingang in den langsamen Satz der g-Moll-Klaviersonate.
Grandioses Stück romantischer Klaviermusik
Mit einem gewaltigen g-Moll-Akkord stürzt sich der Kopfsatz (So rasch wie möglich) in ein turbulentes Geschehen hinein. Die fallende Melodielinie der Oberstimme wird bald durch den Bass imitiert, sodass sich ein ungestümes Wechselspiel ergibt. Akkordisches Spiel, ausdifferenzierte, gegeneinander gesetzte Stimmen und irrlichternde Sechzehntelmotivik folgen aufeinander, überlagern und verdichten sich.
In allen Dimensionen – melodisch, harmonisch und vor allem rhythmisch – steht der Satz auf wackeligen Füßen. Vielleicht ein Abbild von Schumanns Seelenzuständen, in jedem Fall ein grandioses Stück romantischer Klaviermusik.
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Den zweiten Satz, der das Material des ursprünglichen „Herbstlieds“ in sich trägt, hat Schumann ganz anders konzipiert: verhalten, nachdenklich und „getragen“ (so will es auch die Satzbezeichnung). Ganz zur Ruhe kommt die Musik jedoch auch hier nicht, denn im Mittelteil strebt die Melodie, chromatisch gefärbt, immer weiter nach oben.
Viel frecher als der Satz zuvor ist das anschließende Scherzo, das gegenüber dem langsamen Satz wieder eine deutliche Hinwendung zum Diesseits bildet.
Finale mit visionären Klangwelten
Das Finale hat Schumann in Rondo-Form gestaltet. Dieser letzte Satz kam erst im Dezember des Jahres 1838 hinzu, während sich Schumann auf seiner Reise in Wien befand. Offenbar auf den Rat seiner Frau Clara hin ersetzte Schumann mit dem Rondo den ursprünglichen Schlusssatz.
Und in der Tat nimmt das neue Finale viele musikalische Elemente des Anfangs wieder auf. Bemerkenswert ist vor allem die mit „quasi cadenza“ überschriebene Episode kurz vor dem Ende. Hier entführt Schumann die Zuhörer in regelrecht visionäre Klangwelten.