Maurice Ravel war fasziniert von schillernden Klangfarben, irisierenden Rhythmen und unterschiedlichsten Musikstilen. All das spricht aus seinem zu Ende der „Roaring Twenties“ entstandenen Klavierkonzert in G-Dur. In der Interpretation des Pianisten Fazıl Say und der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter Karl-Heinz Steffens ist es SWR2 Musikstück der Woche.
Ravels Klavierkonzert beginnt ungewöhnlich: Mit einem kurzen, knallenden Effekt und einem schnell darauffolgenden Flötensolo, untermalt von perlenden Figurationen im Diskant des Klaviers.
Es gibt keine lange Einleitung des Orchesters, keinen Pomp, der auf den Auftritt des Solisten vorbereitet. Stattdessen eher eine filigrane, sensible und gleichzeitig hoch konzentrierte Art zu musizieren.
Von sprühender Lebendigkeit
Entstanden ist das Klavierkonzert in G-Dur zum Ende der „Roaring Twenties“, kurz nach Vollendung des Boléro (1928). Ravel hatte die Bekanntschaft mit der amerikanischen Musikkultur gemacht, die Kraft und Dynamik des Jazz zog ihn in den Bann. Mit dem jüngeren George Gershwin bestand ein reger Austausch.
Diese äußerst lebendigen Einflüsse haben ihre Spuren auch im G-Dur-Klavierkonzert hinterlassen, das Ravel 1929 begann und zwei Jahre später vollendete. Ebenso wie den Jazz kann man aber auch die rhythmische Finesse und schillernde Farbigkeit der Musik Igor Strawinskys heraushören. Ravel selbst hingegen dachte eher an die Vergangenheit: Er habe ein „Konzert im strengsten Sinne des Wortes komponiert“, meinte er. Das Werk stehe im „Geist der Konzerte von Mozart und Saint-Saëns“.
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Im Geiste Mozarts?
Einen direkten Bezug zu diesen klassisch-romantischen Vorbildern lässt sich für uns heutige Hörer nur schwer ausmachen. Wenn sich Ravel auf Mozart bezieht, meint er vielleicht die Ruhe und zeitliche Gelöstheit, welche den wunderschönen Mittelsatz (Adagio assai) bestimmt. Hier tritt das Klavier in einen traumwandlerischen Dialog mit den sanften Farben der Holzbläser.
Insgesamt besticht das Klavierkonzert besonders durch einen fantasievoll kolorierten Orchesterklang. Dafür setzt Ravel unter anderem die Piccoloflöte, das Englischhorn und gleich zwei Harfen ein. Besonders imposant besetzt ist aber das Schlagwerk: Hier fordert Ravels Partitur neben Pauke und Triangel auch kleine und große Trommel, einen chinesischen Gong (Tamtam), dazu Holzblock und sogar eine Peitsche.
Ein Fest der Geläufigkeit
Das Finale wiederum sprüht vor Witz und Energie. Die dominierenden Klangfarben sind hell und brillant, ja bisweilen regelrecht spitz und frech. Der Klavierpart birgt eine himmelsstürmerische Virtuosität in sich. Makellose Geläufigkeit beider Hände, das Spiel von schnell aufeinanderfolgenden Staccati und Akkorden ist absolute Voraussetzung. Das Stück, das oftmals wie eine turbulente Jagd wirkt, endet spontan mit einer grellen Fanfare und dem Schlag der großen Trommel. Ein Tusch, und die Vorstellung ist vorüber.
Einem möglichen Vorwurf, nicht ernst und gehaltvoll genug komponiert zu haben, begegnete Ravel gelassen: „Ich bin wirklich der Meinung, dass die Musik eines Konzerts heiter und brillant sein kann; sie braucht keinen Anspruch auf Tiefgründigkeit zu erheben oder nach dramatischen Effekten zu trachten.“ Uraufgeführt wurde Ravels Klavierkonzert im Jahr 1932 in der Salle Pleyel in Paris mit der eng mit Ravel befreundeten Pianistin Marguerite Long, die auch die Widmungsträgerin des Werks ist.