Unter den Komponisten ist Karol Szymanowski ein wahres Chamäleon. In der Opulenz der Spätromantik sozialisiert, wandte er sich später teilweise der Atonalität zu. Heute kennt man ihn vor allem für seine beiden Violinkonzerte.
Seine Konzert-Ouvertüre op. 12 hingegen ist ein eher selten gespielter Schatz seines romantischen Frühwerks. Das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart unter Lukasz Borowicz spielt das farbenreiche Stück in einem Mittschnitt aus der Stuttgarter Liederhalle.
Als Szymanowski das Werk 1904 skizzierte, stand er noch ganz unter dem Einfluss des großen Richard Strauss. Der Komponist der Salome und Elektra schimmert daher auch noch an allen Ecken und Enden der Ouvertüre unverkennbar durch. Lange, sich windende Geigenkantilenen, orchestrale Farbenpracht wohin das Ohr nur reicht. Um die Klangfülle eines Strauss‘schen Orchesters zu erreichen, ist die Partitur daher auch groß besetzt: Unter anderem mit sechs Hörnern und dreifachen Holzbläsern!
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Ein Vorbild mit Folgen
Als Szymanowski die Skizzen der Ouvertüre 1905 orchestrierte, da vertrieb er sich nebenher die Freizeit noch mit Klavierspielen. Auf seinem Notenpult lagen die Klavierauszüge zu Richard Strauss‘ Tondichtungen Macbeth, Till Eulenspiegel und Tod und Verklärung. Strauss war damals ein wahrer Kassenschlager, und die Ästhetik seiner Musik wurde zum Vorbild vieler junger Komponisten in ganz Europa.
Kurz nach der Premiere seiner Konzert-Ouvertüre hat Szymanowski die Partitur allerdings stark überarbeitet und von allzu überbordender Instrumentierung befreit. Unsere „Musikstück-Version“ ist das Ergebnis dieser umfangreichen Überarbeitungen. Sie wird inzwischen in allen Konzerthäusern weltweit gespielt.