Joseph Martin Kraus hat das Pech, ein Zeitgenosse von Mozart zu sein – wäre es nicht so, würde man seine Musik heute sicher viel öfter im Konzertsaal hören. Beide Komponisten haben das Geburtsjahr 1756, was Kraus immerhin den schönen Beinamen „Odenwälder Mozart“ einbrachte.
Es gibt nur wenige Portraits von Joseph Martin Kraus. Eines davon zeigt ihn mit Pfeife und Studentenorden über ein Notenblatt gelehnt, das Hemd lässig über der Brust geöffnet. So verwegen wie sein Konterfei ist auch seine Musik.
Rund 200 Kompositionen sind erhalten: Opern und Geistliches, Kammermusik, Lieder und, besonders geschätzt von seinen Komponistenkollegen, Sinfonien. „Glauben Sie mir, es gibt wenige, die ein ähnliches Werk schreiben können“, sagte Joseph Haydn, als er die c-Moll-Sinfonie von Kraus in Esterháza dirigierte.
Ein Stürmer und Dränger
Kraus' Sinfonie in c-Moll ist ein hervorragendes Beispiel für eine in Ton gesetzte Vision des Sturm und Drang. 1777 verfasste er auch seine einzige musikästhetische Abhandlung über diese Epoche.
In Deutschland konnte er jedoch nicht so recht Fuß fassen, er verließ daher seine Uni-Stadt Göttingen, hängte sein Jura-Studium an den Nagel und zog nach Stockholm: „Meinem Vaterland bin ich keinen Dank schuldig. Patriotismus ist Thorheit, und lange hat der lezte Funke verglüt. An fremden Ufern soll das Glük mich erwarten. Tref ichs da nicht an: was thuts?“
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Das Glück ließ allerdings lange auf sich warten und Kraus war jahrelang in Geldnöten. „Ich bin eine lebendige Hypothek“ schrieb er in einem der vielen Bettelbriefe an seine Eltern. Dann wurde der Schwedische König auf ihn aufmerksam und gab ihn einen Kapellmeisterposten bei Hofe.
Fünf Jahre später, 1783, schrieb er seine c-Moll Sinfonie während einer ausgedehnten Europareise nieder und traf im Schlepptau von König Gustav III. sogar en passant Papst Pius VI. So aufgewühlt sein Leben schien, so dramatisch ging es auch zu Ende.
Den Tod seines geliebten Königs soll er nur schwer verwunden haben, und wenige Monate darauf starb er an Tuberkulose. Sein reichhaltiges Œuvre zeigt ihn als wichtigen Wegweiser hin zu Beethoven. Seine Sinfonien stecken voller Verve, Überraschungen und farbenreichem, kontrapunktischen Geschick.