Die leere C-Saite einer Bratsche, das Stimmen der Instrumente vorm Konzert, das Ploppen einer kühlen Bierflasche beim Öffnen – das seien für sie mit die schönsten Klänge, sagen die Musiker*innen des Aris Quartetts! Ein Streichquartett von Schubert aber toppt das alles noch. Egal, ob es eines seiner späten Quartette ist oder eines, das er als Teenager geschrieben hat, wie unser Musikstück der Woche. Da war Schubert 13 und Schüler am Wiener Stadtkonvikt.
Die Lernfabrik
1808 wird Franz Schubert Schüler am traditionsreichen Wiener Stadtkonvikt. Der Unterricht ist kostenfrei, ein großer Vorteil, denn bei den Schuberts mangelt's an Geld. Schubert muss allerdings sein Schulgeld als Sängerknabe in der Hofkapelle ableisten.
Die Unterrichtsmethoden sind autoritär: Prügelstrafe, Essensentzug, Karzer bei kleinsten Vergehen. Aber der militärisch getaktete Tagesablauf lässt ohnehin wenig Zeit, um auf dumme Gedanken zu kommen. Ein Ausweg aus Drill und Uniform ist für Schubert die Musik.
Die Leichtigkeit des Schreibens
In Grüppchen treffen sich die Schüler zum gemeinsamen Musizieren, ohne Lehrer. Momente der Freiheit! Franz Schubert spielt vorzüglich Bratsche und Geige und komponiert fleißig für diese Proben.
Es fällt ihm leicht, wie ein Mitschüler berichtet: „Wenig beirrt durch das im Konvikte unvermeidliche Geplauder und Gepolter seiner Kameraden um ihn her, saß er am Schreibtischchen vor dem Notenblatte, niedergebeugt (er war kurzsichtig), biß in die Feder, trommelte mitunter prüfend mit den Fingern und schrieb ohne viele Korrekturen fort“. Mit Vorliebe Streichquartette!
Wien – Hauptstadt des Streichquartetts
Die Gattung Streichquartett boomt in Wien damals. In Zahlen: Etwa 400 gedruckte Werke von 70 Komponisten sind verbucht für die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert.
Das Streichquartett ist in Mode, vor allem, weil die Besetzung ideal ist fürs häusliche Musizieren. Die Komponisten schreiben vor allem für Laien, das bringt Geld ein. Auch Schubert komponiert in den „Ferialmonaten“, also wenn im Konvikt Ferien sind, für das Quartett, das im Hause Schubert spielt – er, der Vater, die Brüder.
„In wechselnden Tonarten“
Schubert ist 13, als er sein Quartett D 18 komponiert. Natürlich experimentiert er! Das Tasten nach Form und Inhalten zeigt sich bei seinem B-Dur Quartett auch darin, dass eine gemeinsame Grundtonart fehlt. Das hat dem Quartett die Bezeichnung „in wechselnden Tonarten“ eingebracht.
Schon die langsame Einleitung hangelt sich über mehrere Molltonarten zum g-Moll des Hauptsatzes. Bis zum B-Dur des Schlusssatzes ist es noch ein langer Weg durch vier Sätze! Erst allmählich entdecken Interpreten den Reiz von Schuberts frühen Streichquartetten …
Das Aris Quartett
Sie gewinnen Preise am laufenden Band, dabei haben sie ganz bescheiden angefangen, etwa mit Gelegenheitsauftritten im Seniorenheim. Inzwischen musizieren die vier Musiker*innen, Anna Katharina Wildermuth und Noémi Zipperling, Violine, der Bratschist Caspar Vinzens und der Cellist Lukas Sieber, über ein Jahrzehnt zusammen, seit ihrer Zeit als Jungstudent*innen an der Frankfurter Musikhochschule. Der Name? Vier Spieler*innen, vier Buchstaben, ansonsten ein Kunstwort.
Musikstück der Woche Das Aris Quartett spielt Antonín Dvořáks „Amerikanisches Quartett“
Arbeiten in den Ferien? Für Antonín Dvořák war das kein Widerspruch. Während seines amerikanischen Sommerurlaubs komponierte er eines seiner berühmtesten Werke: das bis heute inspirierende „Amerikanisches Quartett“.