50 Jahre Verstaatlichung mit vielen Konzerten feiern – das war der Plan der Hochschule für Musik Karlsruhe im Wintersemester 2020/21. Wegen der Pandemie konnte nur ein Konzert ohne Publikum im November 2020 stattfinden, bei dem Schuberts „Arpeggione-Sonate“ erklang. Interpreten waren Rektor und Pianist Hartmut Höll und der Cellist Benedict Klöckner, Alumnus der Karlsruher Musikhochschule.
Eine Sonate für ein neues Instrument: der Arpeggione
Franz Schuberts Sonate für Arpeggione und Klavier ist eine Kuriosität: Das Instrument, für das der Komponist die Sonate im Frühjahr 1824 schrieb, war erst Anfang der 1820er-Jahre von dem Wiener Instrumentenbauer Johann Georg Staufer entwickelt worden.
In der „Allgemeinen Musikalischen Zeitung“ wird dem Arpeggione, den man auch „Bogen-Guitarre“ oder „Guitarre-Violoncell“ nannte, ein äußerst lobender Artikel gewidmet. So wird die „Schönheit, Fülle und Lieblichkeit des Thones“ gewürdigt, das Instrument als „wünschenswerte Kunstbereicherung“ angesehen.
Eine Kuriosität, die schnell in Vergessenheit geriet
Rund zehn Jahre später war diese „Bereicherung“ bereits wieder vergessen, doch blieb Schuberts Musik bestehen, und die Sonate eroberte sich in ihrer bezaubernden Schönheit einen unvergänglichen Platz im Kammermusikrepertoire.
Schubert schrieb das Werk im Auftrag des Musikers Vinzenz Schuster, dem Vorkämpfer für das Instrument Arpeggione und führenden Virtuosen seiner Zeit. Es entstand im März 1824, in einem an Kammermusik besonders reichen Frühjahr – neben dem Oktett und den Quartetten in a-Moll und d-Moll.
Der Arpeggione wurde ersetzt
Aus heutiger Sicht muss der Arpeggione irgendwo zwischen Bratsche, an deren Register er erinnert, und Cello, mit dessen Spieltechnik es vergleichbar ist, angesiedelt werden. Als die Sonate 1871 - viele Jahrzehnte nach dem Tod des Komponisten - erstmals im Druck erschien, war die Arpeggione-Stimme bereits für Violine/Violoncello bearbeitet worden.
Heute wird die Sonate im Allgemeinen auf dem Cello oder der Bratsche ausgeführt, auch wenn die Alte-Musik-Bewegung mit einigen Nachbauten experimentiert. Da sich Schubert deutlich auf die Eigenheiten des Ursprungs-Instruments eingestellt hatte, wird gerade der Cellist durch zahlreiche spezifische Akkorde und Spielfiguren vor nicht unerhebliche Probleme gestellt.
Ein Werk, das unsterblich wurde
Denn die „Arpeggione-Sonate“ ist ein ausgesprochenes Virtuosenstück. Das Streichinstrument und streckenweise auch das Klavier sind in brillanten Passagen geführt, jedoch frei von Äußerlichkeiten und selbstzweckhafter Technik.
Formal sind die drei Sätze weniger ambitioniert gearbeitet als die zeitgleichen Kammermusikwerke, doch geben seelenvolle Liedmelodien und melancholische Harmonien besonders im Kopfsatz den nötigen Rahmen.
Das lyrische Adagio ist in weitem Bogen quasi als "Lied ohne Worte" konzipiert. Schwungvoll, tänzerisch bis hin zum Volkstümlichen wirkt das abschließende rondoartige Allegretto. Mit großem Erfindungsreichtum kommt Schubert hier der Aufgabe nach, Instrument und Spieler in das günstigste und vorteilhafteste Licht zu rücken.