Es läuft nicht immer alles rund im Leben, sei es auf privater oder beruflicher Ebene. Das wusste auch Edvard Grieg, wie ein Blick in die Entstehungsgeschichte seines Streichquartetts in g-Moll op. 27 zeigt.
Inmitten von Fjorden, Bergen und Schreibblockaden
Wir schreiben das Jahr 1877. Der Komponist Edvard Grieg packt seine Koffer. Er hat vorerst genug von dem geschäftigen Treiben der Stadt. Grieg verlässt also Christiania, das heutige Oslo, und geht nach Hardanger – eine Region mit malerischen Fjorden, an deren Ufern sich die Berge in die Höhe strecken, dazu gesellen sich dramatische Wasserfälle und Gletscher. Kurzum: Es ist die ideale Umgebung für einen ausgewachsenen Kreativitätsschub!
Grieg hat auch schon einen Plan: Er möchte die Volksmusik seiner Heimat mit der Form des Streichquartetts verknüpfen. Das Ideengerüst steht also bereits, nur mit der Ausführung tut sich Grieg zu Beginn ein wenig schwer. Zur Schaffenskrise kommt dann auch noch eine Ehekrise. Es könnte durchaus besser laufen für den Komponisten.
Mehr als nur ein paar Tropfen Herzblut
Schließlich bringt Edvard Grieg seine Idee dann aber doch noch zu Papier. 1878 wird sein Streichquartett in g-Moll in Köln uraufgeführt. Und der Komponist ist recht zufrieden mit dem Ergebnis. Etwas später schreibt er: „Mir gefällt das Gefühl, dass in diesem Werk Herzblut steckt, wovon die Zukunft hoffentlich mehr als nur Tropfen sehen wird.“
Geprägt wird das Streichquartett vor allem von einem Motiv, das gleich zu Beginn erklingt. Im Verlauf des Streichquartetts taucht dieses Thema immer wieder auf. Es bildet gewissermaßen das Motto, das die einzelnen Sätze miteinander verbindet. Dabei zitiert sich Grieg selbst, denn das Thema stammt aus seinem 1876 komponierten Spielmannslied („Spillemænd“) nach einem Gedicht von Henrik Ibsen. Darin geht es um eine verlorene Liebe und die Macht der Kunst. So viel zum Thema Herzblut.
Apollon Musagète Quartett
Das polnische Streichquartett, das als Namenspatron den griechischen Gott und Führer der Musen Apoll wählte, gründete sich 2006 in Wien. Der erste Preis und eine Reihe von Sonderpreisen beim ARD-Musikwettbewerb 2008 machten das Apollon Musagète Quartett schnell international bekannt. Es folgten 2010 die Nominierung als ECHO Rising Star, 2012 als BBC New Generation Artist und 2014 die Auszeichnung mit dem Borletti-Buitoni Trust Award. Konzerte führten das Quartett seither um die ganze Welt.
Edvard Grieg im Müsikstück der Woche
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„Liedkunst geht direkt ins Herz“. Davon sind die Mezzosopranistin Esther Valentin und die Pianistin Anastasia Grishutina fest überzeugt. Und beweisen es mit jedem Konzert und jeder Aufnahme. Im Corona-Sommer 2020 haben die beiden SWR2 New Talents Lieder von Edvard Grieg aufgenommen, in denen Grieg deutsche Dichtkunst vertont.
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Norwegische Tänze im Schottenrock? Warum nicht? In Schottland, der Heimat von Garry Walker, Chefdirigent des Staatsorchesters Rheinische Philharmonie, sind Griegs Norwegische Tänze sehr beliebt. Denn sie ähneln den schottischen Volkstänzen, auch wenn diese vielleicht „etwas dunkler“ sind als die norwegischen, so Walker.
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Eine allein reisende Serbin in Norwegen - heutzutage nichts Besonderes, aber vor hundert Jahren, als die Schriftstellerin Isidora Sekuliæs "Briefe aus Norwegen" in veröffentlichte, durchaus. Jetzt erscheint in der kleinen, feinen Friedenauer Presse eine Auswahl in deutscher Übersetzung. Ein besonders lesenswerter Beitrag zum norwegischen Gastlandauftritt bei der diesjährigen Frankfurter Buchmesse, meint unsere Rezensentin Julia Schröder.
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18 Euro