Beschwichtigungsversuche
"Hier ist doch gewis das Clavierland!" – mit dieser launigen Bemerkung versuchte Wolfgang Amadeus Mozart im Juni 1781 seinen Vater brieflich davon zu überzeugen, dass die Stadt Wien ein hervorragendes Pflaster für freischaffende Pianisten sei und dass man der geplanten Kündigung vom Amt des Salzburger Hof- und Domorganisten beruhigend entgegenblicken könne. Natürlich war Leopold Mozart alles andere als begeistert von den eigenmächtigen Entscheidungen seines Sohnes, schließlich hatte er dessen musikalische Laufbahn ehrgeizig über viele Jahre hinweg gesteuert. Aber nur eine Woche nach diesem Brief brach Wolfgang endgültig mit dem Salzburger Fürsterzbischof. Mit einem legendären "Tritt in den Hintern" wurde er in die Freiheit herausgeworfen.
Mozart in Wien: Everybody's Darling (zumindest zu Beginn…)
Mozart genoss die Unabhängigkeit vom ersten Tag an in vollen Zügen und bemühte sich, mit seiner künstlerischen Arbeit schnell in die führenden musikalischen Kreise der Stadt aufzusteigen. Die größten Erfolge erzielte er im "Clavierland" zunächst tatsächlich als virtuoser Pianist. Er trat immer häufiger in Konzerten auf, meist als Solist seiner eigenen Klavierkonzerte, und betätigte sich als Klavierlehrer im gehobenen bürgerlichen und adligen Milieu. Dementsprechend komponierte er in den ersten Wiener Jahren neben den glänzenden Konzerten für Klavier und Orchester auch eine ganze Reihe von Solostücken und -sonaten fürs Tasteninstrument.
Der erste Wiener Sonatendrilling
1784 veröffentlichte Mozart im renommierten Wiener Musikverlag Artaria eine Sammlung mit drei Klaviersonaten. Die Sonate F-Dur (KV 332) bildet den Abschluss dieser Sammlung. Bereits im Kopfsatz fällt auf, dass es kein Hauptthema im eigentlichen Sinne gibt, sondern mehrere aneinandergereihte kontrastierende Motive: Auf ein zartes, menuetthaftes Dreiklangsthema folgt eine kurze Jagdmusik mit angedeuteten Hornquinten, dann völlig überraschend ein leidenschaftlicher Moll-Einschub, der schon nach wenigen Takten in abwegige Tonarten führt. Als wäre nichts gewesen, wechselt Mozart dann wieder in einen heiter-unschuldigen Ton und führt den Satz mit diesen stets divergierenden Gedanken fort. Das Erstaunliche dabei: diese effektvollen Stimmungswechsel auf engstem Raum wirken niemals beliebig oder gestellt, sondern werden vom Hörer als Einheit wahrgenommen.
Das Adagio wartet mit einer innigen, schwärmerischen Melodie auf, die im zweiten Teil des Satzes reich verziert wiederholt wird. Das Finale, Allegro assai, weist eine ähnlich unkonventionelle Themenreihung auf wie der Eingangssatz, allerdings ins Virtuose gewendet. Rasante Läufe geben den Ton an, zu hören sind aber auch tänzerische Einschübe und ein Seitenthema in elegischem Moll.
William Youn
wurde 1982 in Korea geboren. Mit 13 Jahren ging er zum Studium ans New England Conservatory in Boston, mit 18 an die Musikhochschule von Karl-Heinz Kämmerling, später zu Bernd Goetzke. Als Stipendiat der Piano Academy Lake Como arbeitet er regelmäßig mit Musikern wie Dmitri Bashkirov, Andreas Staier, William Grant Naboré oder Menahem Pressler zusammen. Er ist mehrfacher Preisträger internationaler Wettbewerbe (Cleveland International Piano Competition, Concorso Internazionale Alessandro Casagrande, Shanghai Piano Competition, Busoni Wettbewerb Bozen, Concours Reine Elisabeth Brüssel). 2011 wurde er in seiner Wahlheimat München mit dem Bayerischen Kunstförderpreis geehrt. Seit 2012 engagiert er sich auch im Stiftungsrat der Wilhelm-Kempff-Kulturstiftung.
William Youn ist ein begeisterter Kammermusiker. In der letzten Zeit tritt er auch vermehrt am Hammerflügel auf. Derzeit arbeitet er an einer Aufnahme mit Mozarts Klavierwerken, die erste Folge erschien 2013, wurde von der Kritik begeistert aufgenommen und mit dem Pizzicato Supersonic Award ausgezeichnet.