„Der ganze vormittag ist den scolaren gewidmet. – und abends hab ich fast alle tage zu spiellen“, schreibt Mozart 1784 aus Wien an seinen Vater, „nun können sie sich leicht vorstellen, dass ich nothwendig Neue Sachen spiellen muß – da muß man also schreiben.“. Immerhin „spiellt“ Mozart allein im März dieses Jahres 19 Konzerte in Wien. „Ich glaube nicht dass ich auf diese art aus der übung kommen kann“, kommentiert er lakonisch.
Das Problem ist nur: woher die Zeit zum Komponieren nehmen? Die meisten Stücke entstehen nachts, und Mozart kritzelt zwischen Tür und Angel aufs Notenpapier, was ihm im Kopf umherschwirrt. Bei diesem unerhörten Arbeitspensum kann man nur noch mehr staunen über die Qualität und den Ideenreichtum seiner Kompositionen!
Für Madame von Trattner
Zu Mozarts Scolarinnen gehört auch Maria Theresia von Trattner. Ihr Mann besitzt eine Buchdruckerei und eine Reihe von Buchhandlungen in- und außerhalb Wiens (beinahe schon eine Ladenkette). Ihr Haus, der Trattnerhof, ist eines der prächtigsten Anwesen Wiens. Mozart hat darin eine Zeitlang eine Mietwohnung und tritt auch mehrmals in dem Konzertsaal auf, der im Gebäude integriert ist. Frau von Trattner widmet er die Fantasie c-Moll. Im Mai 1785 trägt er das Stück in sein Werkverzeichnis ein und veröffentlicht es gemeinsam mit der (gut ein halbes Jahr zuvor komponierten) Sonate c-Moll KV 457 im Druck.
Aus der Unterwelts-Tonart geschöpft
Die Fantasie beginnt mit einem „tief resignierten, schicksalsschweren Unisonomotiv“ – so hat es der Mozart-Forscher Hermann Abert formuliert, „dem sofort zwei schmerzliche Seufzer folgen – man könnte fast sagen: in den Bläsern.“ C-Moll ist in der Tonartencharakteristik der Zeit die Tonart für Unterwelt-Szenen, für Leid und unheimliche Begegnungen. Dieses Schmerz- und Gruselpotenzial nutzt Mozart reichlich. Doch inmitten der größten Verzweiflung, am Rande der finstersten Abgründe lässt Mozart (und das beherrscht er vielleicht wie kein zweiter Komponist) immer wieder ganz plötzlich Hoffnungsschimmer durchscheinen, und die Musik gerät wieder auf einen festen Boden. Die Fantasie bewegt sich virtuos auf dem schmalen Pfad zwischen Improvisation – vieles scheint aus dem Moment heraus erfunden, und immer wieder gibt es „Denkpausen“ im musikalischen Fluss – und einer klarer Form: sie lässt sich in sechs Teile untergliedern, die sich in Tempo, Tonart und Gestus unterscheiden, und kehrt am Schluss zu ihrem düsteren c-Moll-Ausgangspunkt zurück.
David Fray
David Fray wurde 1981 in Tarbes (Pyrenäen) geboren und erhielt im Alter von vier Jahren seinen ersten Klavierunterricht. Er studierte bei Jacques Rouvier am Pariser Konservatorium sowie bei Dmitri Bashkirov, Paul Badura-Skoda und Christoph Eschenbach. Zu seinen Mentoren gehören zudem Musikerpersönlichkeiten wie Pierre Boulez und Menahem Pressler. Bei zahlreichen Wettbewerben hat er sich Preise erspielt; u.a. das "Diploma of Outstanding Merit" des internationalen Hamamatsu-Klavierwettbewerbs in Japan. 2004 wurde er in Frankreich zum "Nachwuchskünstler des Jahres" gewählt, zwei Echo-Klassikpreise folgten.
Frays Debuts bei den Salzburger Festspielen, im amerikanischen Tanglewood und bei den großen internationalen Orchestern (mit Dirigenten wie Riccardo Muti und Kurt Masur) brachten seine weltweite Konzertkarriere in Schwung. Unter seinen CD-Produktionen sind bislang Klavierkonzerte von Mozart und Bach sowie Solowerke von Schubert.