Musikstück der Woche vom 09.01. bis 15.01.2012

Wie klingt eine WG?

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Heute leben junge Leute in Wohngemeinschaften - der Kosten, der Kommunikation und/ oder der Freundschaft willen. Seit wann eigentlich? Schubert und Mayrhofer beantworten die Frage.

Denn von 1818 bis 1821 lebten der dichtende Bücherrevisor beim "K.K. Bücher-Revisionsamt" und sein jüngerer Komponisten-Freund zusammen mitten in Wien neben dem Alten Rathaus in der Wipplinger Straße. Fast fünfzig Gedichte Mayrhofers vertonte Schubert, darunter so berühmte wie das "Lied eines Schiffers an die Dioskuren" D 360. Das Lied-Duo Michael Nagy und Juliane Ruf trat am 18.3.2010 im Kammermusiksaal des Bruchsaler Schlosses mit Schuberts Mayrhofer-Liedern auf.

Lieder einer Freundschaft

Zehn Jahre tiefer Freundschaft verbanden Franz Schubert mit Johann Mayrhofer, dem er neben Goethe die meisten Liedtexte zu verdanken hatte. Mayrhofer, neun Jahre älter als Schubert, war studierter Theologe und Jurist und lebte vor allem seinen literarischen Interessen. Seinen Lebensunterhalt verdiente er als Zensor im Metternich-Regime, eine Tätigkeit, die ihn ständig in Konflikt mit seiner eigentlichen politischen Haltung brachte. Neben Gedichten vertonte Schubert von ihm auch zwei dramatische Texte: das Singspiel „Die Freunde von Salamanca“ und die Oper „Adrast“. Beiden war im opernsüchtigen Wien allerdings kein Erfolg beschieden. Ein wertvolles Zeitdokument nicht nur für Musikhistoriker sind Mayrhofers „Erinnerungen an Franz Schubert“, die sich vor allem um den Freundeskreis und die sogenannten „Schubertiaden“ drehen.

Es war auch Mayrhofer, der dem Freund die Welt der Antike erschloss. Eine ganze Reihe von bedeutenden Liedern und Gesängen Schuberts gelten diesem Themenkreis. Schubert zeichnet allerdings nicht das helle Bild, das die Klassik von der Antike vermittelt, sondern ein bereits von der Romantik geprägtes, eher dunkel getöntes, geheimnisvolles. Nur selten interpretiert Schubert die Antike als Idylle (Aus Heliopolis I) oder beschwört ihre Erhabenheit (Lied eines Schiffers an die Dioskuren). Vielmehr zeigt er den Menschen im ohnmächtigen Widerstreit mit den Göttern, um die sich grausame Mythen ranken (Fahrt zum Hades, Memnon, Orest auf Tauris).

Der Bariton Michael Nagy

Das Singen wurde Michael Nagy, 1976 geboren, quasi in die Wiege gelegt: er begann damit bereits in früher Jugend, bei den Stuttgarter Hymnus-Chorknaben. Erste überregionale Erfolge hatte er als Bundespreisträger bei "Jugend musiziert". Anschließend studierte er in Stuttgart, Mannheim und Saarbrücken Gesang (unter anderem bei Rudolf Piernay), Liedgestaltung (bei Irwin Gage) und Dirigieren (bei Klaus Arp und Georg Grün). Meisterkurse bei Charles Spencer, Rudolf Piernay und Cornelius Reid rundeten seine Ausbildung ab. Internationale Anerkennung brachten der Internationale Schubert-Wettbewerb in Graz und ein Jahr später der Internationale Wettbewerb für Liedkunst der Hugo-Wolf-Akademie in Stuttgart, der Rundfunkaufnahmen und eine Fernsehproduktion des SWR zur Folge hatte. Michael Nagys Karriere hat sich seitdem rasant entwickelt. Nach Gastverträgen an den Opernhäusern von Stuttgart und Mannheim war er zwei Jahre lang Ensemblemitglied der Komischen Oper Berlin und wechselte 2006/07 an die Oper Frankfurt, wo er unter anderem in Mozart-Rollen wie Papageno, Graf und Guglielmo brillierte, aber auch im romantischen Repertoire auf der Bühne stand.

Mit Michael Nagys Karriere als Konzertsänger ist vor allem ein Name eng verknüpft: Helmuth Rilling, der die  Entwicklung des jungen Sängers von Anfang an aufmerksam verfolgt und unterstützt hat. Auch als Konzert- und Oratoriensänger ist er mittlerweile weltweit gefragt, die Engagements führen ihn von der Carnegie Hall in New York bis nach Kuala Lumpur. Ergänzt wird seine umfangreiche Sängertätigkeit durch Liederabende, die er vor allem gemeinsam mit seiner Duopartnerin Juliane Ruf bestreitet. 

Die Pianistin Juliane Ruf

Nicht nur das Klavierspielen, sondern auch Geige und Oboe lernte Juliane Ruf als Kind, konzentriert hat sie sich dann vor allem auf das Klavier. 1975 in Freiburg geboren,  war sie von 1990 an Schülerin von Burkhard Schaeffer in Mainz. Erste Preise erhielt auch sie bei Jugend musiziert, und zwar in den Sparten Klavier solo und Klavierkammermusik. Sie studierte Germanistik und Musik in Mannheim und Heidelberg, bevor sie mit dem Aufbaustudium Liedgestaltung bei Irwin Gage in Saarbrücken begann. Meisterkurse bei den Liedpianisten Charles Spencer, Graham Johnson und Helmut Deutsch sowie bei den Sängern Ruth Ziesak, Ulf Bästlein und Rudolf Piernay kamen hinzu. Die Liste der Preise, die Juliane Ruf für Liedgestaltung zugesprochen wurden, ist lang, ebenso wie die der Stipendien, die ihre Karriere beförderten – unter anderem die der Stiftung Podium Junger Musiker und des Richard Wagner Verbandes. Sie konzertiert heute im In- und Ausland, bei bedeutenden Festivals und in den berühmten Konzerthäusern von Berlin, Bonn, Dortmund, Antwerpen, London und Zürich. Zahlreiche Rundfunk- und Fernsehaufnahmen, unter anderem des SWR, dokumentieren ihre künstlerische Arbeit.

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SWR