Musikstück der Woche vom 26.9. bis 2.10.2011

"...auf die angenehmste art von der Welt überrascht"

Stand
Autor/in
Kerstin Unseld

Wolfgang Amadeus Mozart komponierte mit seiner Bläserserenade Es-Dur Straßenmusik, die 1781 auch vor seiner Haustüre und zu seiner eigenen Freude gespielt wurde.

Das Amphion Bläseroktett pflegt klassische Bläserkammermusik, also traditionell feinste aber mit ihrer ursprünglichen Bestimmung als Straßenmusik im Konzertsaal heute oft etwas vernachlässigt Unterhaltungsmusik. Gegenbeispiel: Das Ettlinger Schlosskonzert vom 18.10.2009.

Straßenmusik deluxe

Am 3. November berichtete Mozart seinem Vater, zu welchem Zweck er jüngst eine Bläserserenade komponiert hatte: "Diese Musick hatte ich auf den theresia tag – für die schwester der frau von Hickel, oder schwägerin des herrn von Hickel (Hofmaler) gemacht; alwo sie auch wirklich das erstemal ist producirt worden." Der Theresiatag jedenfalls war am 15.Oktober 1781, und wie seine neue Serenade Es-Dur da aufgeführt wurde, beschrieb Mozart ebenfalls detailgenau: "Die 6 Herrn die solche exsequiren, sind arme schlucker, die aber ganz Hübsch zusammen blasen … Die Haubtursache aber warum ich sie gemacht, war, um dem herrn v. strack (welcher täglich dahin kömmt) etwas von mir hören zu lassen. und deswegen habe ich sie auch ein wenig vernünftig geschrieben. – sie hat auch allen beyfall erhalten. – Man hat sie in der theresien nacht an dreyerley örter gemacht. – denn wie sie wo damit fertig waren, so hat man sie wieder woanders hingeführt und bezahlt."

Porträt in Öl des österreichischen Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart
Porträt in Öl des österreichischen Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart.

Von zweierlei berichtet dieser Brief: Zum einen davon, dass Bläsermusik zur Musik des Alltags gehörte, auf der Straße von jedermann vernommen werden konnte und etwas ungemein 'Praktisches' gewesen war. Zum anderen davon, dass gerade diese Bläsermusik dem jungen Komponisten Mozart, der sich mit seinen 25 Jahren als freier Musiker im Frühjahr des gleichen Jahres in Wien niedergelassen hatte, wie eine PR-Kampagne diente und dazu da war, dass man Gass‘ auf Gass‘ ab vom Komponisten Mozart sprechen und tönen hörte.

Wie erfolgreich Mozarts Bläsermusik offenbar war, bekamen auch die sechs "armen Schlucker" zu spüren, die seine Serenade aufführten. Jedenfalls spielte sie zum Dank Mozart anlässlich seines Namenstags am 31. Oktober auf, was sofort Vater Mozart nach Salzburg erzählt wurde: "Auf die Nacht um 11 Uhr bekam ich eine Nacht Musik von 2 clarinetten, 2 Horn und 2 fagott – und zwar von meiner eigenen komposition … die Herrn … haben sich die hausthüre öfnen lassen, und nachdem sie sich mitten im Hof rangiert, mich, da ich mich eben entkleiden wollte, mit dem Ersten E B accord auf die angenehmste art von der Welt überrascht."

Jener Herr von Strack aber, dem Mozart von sich hören lassen und das Werk ursprünglich verkaufen wollte, mochte sich jedoch nicht von diesen Bläserakkorden überraschen lassen, sprich: Herr von Strack zahlte nicht. Und Mozart bemerkte im Januar 1782 zerknirscht, "daß diesen Hofschranzen niemals zu trauen ist". Später jedenfalls schrieb er die ursprünglich als Bläsersextett komponierte Serenade zum Oktett um.

Amphion Bläseroktett

Es geschieht eher selten, dass ein Bläserensemble in die internationale Kammermusikelite aufsteigt. Dem Amphion Bläseroktett ist es gelungen. Als Gewinner des selten vergebenen ersten Preises beim "Van Wassenaer Concours", einem Wettbewerb für Alte Musik, 1998 in Den Haag, sorgte das Ensemble schon kurz nach seiner Gründung für internationale Aufmerksamkeit. Es folgten Engagements zu Festivals und etablierten Konzertreihen in ganz Europa.

Als Absolventen der Schola Cantorum in Basel, dem Mekka für historische Aufführungspraxis, standen den Mitgliedern des Amphion Bläseroktetts auch die Türen zu den international renommierten Barockorchestern weit offen. Sie arbeiteten unter Dirigenten wie William Christie, John Eliot Gardiner, Gustav Leonhardt, Jordi Savall und anderen im Ensemble oder auch solistisch.

Die Arbeit der neun Musiker (zum Bläseroktett zählt noch ein Kontrabass als neuntes Instrument) wurde bereits vielfach dokumentiert, so durch Konzertmitschnitte verschiedener Rundfunkanstalten. Auch mehrere CDs hat das Amphion Bläseroktett bereits veröffentlicht, zum Beispiel eine Ersteinspielung von Werken Josef Triebensees, außerdem Harmoniemusiken von Frantisek Krommer und Antonio Rosetti sowie Bläserserenaden von Wolfgang Amadeus Mozart. In Coproduktion mit dem Bayerischen Rundfunk und dem Südwestrundfunk entstehen zur Zeit weitere Aufnahmen. Alle fanden in der Fachpresse und beim Publikum immer wieder großen Beifall.

Das Repertoire des Ensembles reicht von den bekannten Originalkompositionen Mozarts und Beethovens über Wiederentdeckungen heute vergessener böhmischer und Wiener Meister bis hin zu typischen Bearbeitungen von Opern und Sinfonien des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Die Vielfalt der Programme belegt dabei die enorme Beliebtheit und die musikgeschichtliche Stellung dieser Gattung. Die Bläser des Amphion Oktetts spielen auf Instrumenten aus der Zeit um 1800 oder deren originalgetreuen Kopien.

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Autor/in
Kerstin Unseld