Im Prinzip gibt es zu jedem von Mozarts Werken ein passendes Briefzitat. Immer berichtet der Sohn dem Vater nach Salzburg, berichtet der Vater von der Reise Schwester oder Mutter nach Hause über Aufführungen und neue Kompositionen, über Publikumserfolge oder Reiseerlebnisse. Mozarts Schaffen und Wirken ist in Briefen dokumentiert wie kaum ein anderes Musikerleben. Und es ist schon die Ausnahme, wenn es eine Werkgruppe gibt, über die rein gar nichts in diesen berühmten Briefen zu finden ist. Im Falle der fünf Violinkonzerte ist das so.
Warum? Mozart, seit 1770 und damit 14-jährig Konzertmeister in Salzburg, schrieb seine Violinkonzerte in einer kurzen Zeitspanne um 1775. Allesamt für den Eigengebrauch und allesamt auch für den Salzburger Hof bestimmt. Mozart, der als Geigen-Schüler seines Vaters ein guter Solist war, legte bei seinen Violinkonzerten allerdings kaum Wert auf Virtuosität. 1777 schrieb er über das technische Niveau seiner Konzerte: "Ich bin kein großer Liebhaber von Schwierigkeiten", was aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass diese Werke subtilste Beherrschung des Instruments und eine überaus feine Nuancenschattierung erfordern. Im fünften, letzten Violinkonzert A-Dur KV 219 reicht das Ausdrucksspektrum besonders weit. Mozart wählt hier kühne und ganz eigenwillige Lösungen, beispielsweise gleich im ersten Satz, in dem nach der Exposition des Orchesters die Solovioline nicht das Hauptthema spielt, sondern mit einer rhapsodischen Adagio-Passage sich auf wunderschöne Weise – wie von einem anderen Stern kommend - Gehör verschafft.
Ein einziges, quasi ‚halbes’ Briefzitat zu den Violinkonzerten lässt sich dann doch finden, als Mozart auf dem Weg nach Paris seinem Vater meldet, er habe in Augsburg sein Violinkonzert gespielt. "Es ging wie Öl. Alles lobte den schönen reinen Ton." Obzwar sich dieses Zitat nicht auf das fünfte Violinkonzert bezieht, so sagt es doch auch über dieses und seinen wie für alle Violinkonzerte so typischen "reinen" Ton viel aus. Diese Reinheit des Tones nämlich ist das Zünglein an der Waage jeder Interpretation der Mozartschen Violinkonzerte.
Das Freiburger Barockorchester und sein Konzertmeister Gottfried von der Goltz
1987 von Absolventen der Freiburger Musikhochschule gegründet müsste das FBO eigentlich längst den "Barock" aus seinem Namen entfernt haben. Denn galt zu Beginn das Augenmerk vor allem Werken aus dem 17. und 18. Jahrhundert, so steht längst auch Musik der Klassik, Romantik sowie der Gegenwart auf dem Programm. Dennoch gehört das 17. und 18. Jahrhundert sozusagen zum ‚Kerngeschäft’ des FBO, denn historisch informierte Aufführungspraxis, wie sie dieses Ensemble seit nun mehr als zwei Jahrzehnten erfolgreich praktiziert, ist in dieser Epoche am sinnfälligsten. Aber neben Einspielungen und Aufführungen bekannter wie neu entdeckter Barockmusik wählen sich die Musiker des FBO immer wieder auch Kostbarkeiten aus anderen Musikepochen und unternehmen – wie 2006 bei den Donaueschinger Musiktagen - Ausflüge in die zeitgenössische Neue Musik.
Häufig arbeitet das FBO zusammen mit Künstlern wie René Jacobs, Ivor Bolton oder Trevor Pinnock, wie Cecilia Bartoli, Thomas Quasthoff, Andreas Staier, wie dem Arditti-Quartett, dem Orchestra of the Age of Enlightenment, dem ensemble recherche oder wie der Schauspielerin Jutta Lampe.
Wolfram Goertz bezeichnete in der "Zeit" das FBO als eines "der besten Alte-Musik-Ensembles der Welt". Das Geheimnis hinter dem Erfolg des Ensembles mag in seiner ungewöhnlichen, ebenso konsequent wie experimentierfreudigen Struktur liegen: Denn das FBO wir – wenn nicht von einem ausgewählten Gastdirigenten – vom Konzertmeisterpult aus geleitete, unter eigener, wechselnder künstlerischer Leitung von Gottfried von der Goltz oder Petra Müllejans. Besetzungsstärke und Repertoire werden so offen wie möglich gehalten, und so spielt das FBO aufwendige Opern und klein besetzte Kammermusik, barocke Concerti und groß besetzte romantische Sinfonien und in ausgesuchten Einzelfällen Werke der Gegenwart mit der Stammbesetzung des Ensembles, die sich aus 25 Gesellschaftern einer eigenen GbR zusammensetzt. Das setzt einen künstlerischen Anspruch ebenso wie unternehmerische Risikobereitschaft voraus und ist im Falle der Freiburger ein Erfolgsmodell.
Eigenveranstaltete Konzertreihen hat das FBO in Freiburg (Konzerthaus), Stuttgart (Liederhalle) und Berlin (Philharmonie) und seine Aufnahmen veröffentlicht das Ensemble beim französischen Label harmonia mundi France.
In diesem Konzertmitschnitt aus dem Freiburger Konzerthaus von 05.11.2008 tritt der Konzertmeister Gottfried von der Goltz auch als Solist auf. Die Leitung hat der belgische Dirigent René Jacobs.