In der Freundschaft: alles möglich
"Nátschibinìtschibi" war Mozarts Spitzname für den Klarinettisten Anton Stadler; oder auch "Ribiselgesicht" – Johannisbeergesicht, vermutlich weil sich Stadlers Gesicht beim Klarinettespielen gefährlich in Richtung Ribisel (österr.: Johannisbeere) färbte. Stadlers Revanche: er nannte Mozart "Púnkititi" – klingt auch nicht besser... In dieser Musikerfreundschaft gab es nicht nur Platz für wortschöpferischen Unfug, sondern auch für viele andere Lebensfragen. So tauschten sich Mozart und Stadler auch über Religiöses und Spirituelles, ebenso über Finanzen aus. Beide waren Freimaurer und planten sogar, eine geheime Bruderschaft zu gründen. Was das Geld betraf, stimmten sie in ihrer bemerkenswerten Unfähigkeit überein: Sowohl Mozart als auch Stadler standen bei ihrem Freund und Logenbruder Samuel Puchberg in der Schuld. Der Austausch fand natürlich auch über musikalische Dinge statt. Stadler muss ein begnadeter Musiker gewesen sein. Für ihn komponierte Mozart unter anderem das Klarinettenkonzert, das Kegelstatt-Trio und das Klarinettenquintett – rechtzeitig zur Ribisel-Erntezeit ist es unser Musikstück der Woche.
In der Musik: alles drin!
Mozarts Klarinettenquintett ist Premiere und Finale zugleich: Er schuf im September 1789 das erste Werk, das Klarinette und Streichquartett miteinander kombiniert. Und er schrieb sich mit diesem Ausnahmewerk einen Gipfelpunkt im Parnass der Kammermusik, der womöglich alle späteren Klarinettenquintette überstrahlt.
All das, wovon der Mozart-Bewunderer Richard Strauss so sehr schwärmte, kann man in Mozarts Klarinettenquintett entdecken: den "unerhörten Reiz von Mozarts Melodie, seine Grazie, seine melancholische Heiterkeit", aber auch die Qualitäten des Dramatikers mit dem untrüglichen "Theaterblick dieses unbegreiflichen Genies". Denn diese Musik spielt zwar nicht auf der realen Opernbühne, wohl aber auf einer imaginären, auf der jedes Instrument menschliche Qualitäten bekommt und gemeinsam mit den anderen lebt, liebt und hasst, leidet und jubelt: die "ganze Skala des menschlichen Empfindens" – um noch einmal Strauss zu zitieren – steckt in dieser Musik. Der Dur-Gesang des ersten Satzes wird durch Moll-Eintrübungen gebrochen und bekommt durch Synkopen einen schwankend-instabilen Untergrund; die Abgeklärtheit der himmlisch-schönen Themen im zweiten Satz sind subkutan von tiefer Trauer durchzogen. Menuett und Finale rücken volkstümliche Melodien in direkte Nachbarschaft zu den Idealen der Klassik: erhabene Einfalt und stille Größe.
Ib Hausmann
Ib Hausmann interessiert sich praktisch für alles, was klingt: für Klassik und neue Musik, Jazz und Musik für Kinder, große Werke mit Orchester und Kammermusik in unterschiedlichster Formation – seit gut 20 Jahren komponiert er auch selbst. Er spielt der neben der klassischen Klarinette auch Es-Klarinette, Bassklarinette und Bassetthorn spielt. Er studierte in Berlin bei Ewald Koch und bei dem Pianisten des Beaux Art Trios, Menahem Pressler. Auch der Komponist György Kurtág hat seine künstlerische Entwicklung entscheidend geprägt.
Als Solist spielt Ib Hausmann mit verschiedenen Orchestern im In- und Ausland, u.a. mit dem Minnesota Symphony Orchestra im Wiener Musikvereinssaal und der Kammerphilharmonie Bremen in der Berliner Philharmonie. Er arbeitet mit Schauspielern wie Klaus Maria Brandauer und Burghart Klaussner zusammen und widmet sich darüber hinaus improvisierter Musik und modernen Aufführungsformen. Er ist begeisterter Kammermusiker. Gemeinsam mit Lukas Hagen und Iris Juda gründete er das Ensemble Serapion. Für seine CDs wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik und mit einer Grammy-Nominierung.
Bennewitz Quartett
Das Bennewitz Quartett aus Prag verdankt seinem Namen dem Geiger Antonín Bennewitz (1833-1926), einer wegweisende Persönlichkeit der tschechischen Violinschule. 1998 wurde das Quartett gegründet. Erfahrungen und Anregungen erhielt es u.a. von Rainer Schmidt vom Hagen Quartett und Walter Levin vom La Salle Quartet. 2003 wurde das Bennewitz Quartett von der Spanischen Königin ausgezeichnet für seine herausragende Lehrtätigkeit an der Escuela Superior de Música Reina Sofía in Madrid. Ein Jahr später erhielt das Ensemble den Preis der Tschechischen Kammermusikgesellschaft. Siege bei zwei bedeutenden Wettbewerben – Osaka 2005 und Prémio Paolo Borciani in Italien 2008 – ebneten dem Quartett den Weg auf die internationalen Konzertbühnen.
Neben seinen internationalen Aktivitäten ist das Bennewitz Quartett auch vor allem mit der tschechischen Musikszene eng verbunden. Im Zentrum der Repertoireauswahl stehen tschechische Komponisten, die oft zu Unrecht wenig Beachtung erfahren, wie etwa Ladislav Dusík, Anton Rejcha, Pavel Haas, Viktor Ullmann und Erwin Schulhoff. Bei SWR music erschien eine Aufnahme mit Quartetten von Antonín Dvorák.