C-Moll – das bedeutet bei Beethoven: Es geht ums Ganze! Seine "Schicksals-Sinfonie", die Fünfte steht in c-Moll, ebenso die große "Pathétique"-Klaviersonate. Das Prinzip "Ganz oder gar nicht" gilt auch für die c-Moll-Violinsonate: ein in jeder Hinsicht gewichtiges Stück.
Beethoven sich nie mit dem zufrieden gegeben, was er vorfand, sondern immer nach neuen Wegen und Ausdrucksmöglichkeiten gesucht. Diese Sonate, 1802 entstanden, drängt in ihrem stürmischen Gestus heraus aus dem kleinen Kammermusik-Salon mit seinem adligen Publikum hinein in den großen, öffentlichen Konzertsaal.
Der "grandezza" der Sonate entspricht auch der Charakter des ersten Satzes: Das Allegro con brio sprüht vor Energie, wenn auch in einer rauen, ursprünglichen Form. Eine im tiefen Bass grummelnde Halbton-Bewegung verleiht dem Satz etwas beinahe Bedrohliches. Das rollende Hauptthema kommt einer kleinen Explosion gleich – abgesehen von retardierenden Einschüben, die die ausladende Geste des Satzes unterstreichen, befinden sich Violine und Klavier ständig in rastloser Bewegung. Normalerweise wird in einer Sonate der Anfangsteil, die Exposition wiederholt. Beethoven streicht diese Wiederholung, und er verstärkt dadurch den Zug nach vorne.
Smart und wuchtig
"Wie ein Sang aus anderer Welt schweben die Töne hernieder", "hier spricht Seele zu Seele" – so beschreibt Otto Rupertus, Dichter und Musikwissenschaftler des 19. Jahrhunderts, die aufkommende Ruhe des in As-Dur komponierten zweiten Satzes. Im ausgelassenen dritten Satz, einem Scherzo mit Trio-Mittelteil, demonstriert die Geige ihre unterschiedlichen Fähigkeiten als Melodieinstrument – die gezupften Töne haben einen augenzwinkernden Witz, schroffe Akzente erinnern wieder an die Unruhe des ersten Satzes. Die Geschlossenheit der Sonate wird durch den Schlusssatz besiegelt: Im Finale rundet Beethoven die Sonate kunstvoll ab – er beginnt mit dem im Bass grummelnden Halbton und wuchtigen Akkordschlägen, setzt schnelle dynamische Wechsel und scharfe sforzati und mündet in einen ungezügelten, effektvollen Schluss.
Ein einträchtiges Wechselspiel
In allen vier Sätzen der Sonate trägt zuerst das Klavier die Themen vor, bevor sie von der Geige übernommen werden, in den nachfolgenden Seitenthemen läuft das Spiel umgekehrt. Die Gleichberechtigung und enge Verknüpfung von Klavier- und Violinstimme erreichen hier eine neue Dimension – die einzige vergleichbar komplexe und ebenso anspruchsvolle Sonate Beethovens ist nur noch die Kreutzersonate op. 47.
Antje Weithaas
Antje Weithaas macht – wie sie selbst sagt – "so ziemlich alles, was man mit der Geige machen kann": Sie gibt als Solistin Konzerte mit den großen Orchestern der Welt, sie spielt leidenschaftlich gerne Kammermusik und hat unter anderem ein eigenes Streichquartett, das Arcanto-Quartett. Außerdem ist sie künstlerische Leiterin der Camerata Bern - ein Kammerorchester, das sie von der ersten Geige aus leitet. Und sie unterrichtet als Professorin an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin. Ihre Geige stammt aus der Werkstatt von Peter Greiner und wurde 2001 gebaut.
Silke Avenhaus
Seit gut acht Jahren machen Antje Weithaas und die Pianistin Silke Avenhaus zusammen Musik. Silke Avenhaus ist gebürtige Karlsruherin, studierte unter anderem bei Sandor Végh und András Schiff Klavier und unterrichtet heute an der Münchner Musikhochschule. Zudem ist sie regelmäßig Dozentin bei der Villa Musica. Die Vermittlung klassischer Musik an die junge und jüngste Generation ist ihr ein besonderes Anliegen, sei es mit Hörbüchern für Kinder, Workshops oder ihrer Beteiligung an dem von Lars Vogt initiierten Projekt "Rhapsody in School", das klassische Musik in die Klassenzimmer bringt. Silke Avenhaus konzertiert als Solistin und Kammermusikerin, wobei sie sich auch besonders für die Neue Musik interessiert und bereits diverse Uraufführungen gespielt hat.