Wie klingt französische Musik?
Als die deutschen Truppen 1914 vor Paris standen, waren sie mit einem Mal wieder da: Die Verzweiflung, die Wut – alle Erinnerungen an den verlorenen Deutsch-Französischen Krieg. Auch Claude Debussy, der 1870/71 noch ein kleiner Junge war, spürte wieder diese lähmende Angst. Die Angst, trotz modernster Waffen und dem festen Willen das eigene Land zu verteidigen, zu versagen; das Land, indem er seit Jahren vergeblich nach einer Musik suchte, die typisch französisch klingen sollte. Die musique française, dachte Debussy, war erstickt worden, aber nicht nur von Richard Wagners monumentaler Spätromantik sondern auch von den italienischen Zampanos mit ihren Opern und, natürlich, den österreichischen Walzerkönigen. Ihre Werke bestimmten landesweit die Konzert- und Theaterprogramme, auf denen man die Namen französischer Komponisten vergeblich suchte. Doch wie müsse eine französische Musik klingen, um wahrgenommen zu werden? Debussy fand die Antwort darauf in den Werken seiner Vorfahren, den beiden Vorklassikern Jean-Philippe Rameau und François Couperin. Ihre Art zu denken und zu schreiben begeisterten ihn: Sie war klar und strukturiert, einfach und elegant.
Während alles um ihn herum wütete, fasste Debussy den Entschluss, genau jetzt die französische Musik zurückzuerobern und damit dem französischen Volk einen Anker zu reichen, an dem es sich festhalten konnte und der ihr Bewusstsein für das eigene Land, ihren Nationalstolz wieder stärkte. Er plante sechs Sonaten für verschiedene Instrumente zu schreiben. Doch schon die dritte, die Sonate für Violine und Klavier in g-Moll, wurde sein letztes, vollendetes Werk. Seit knapp zehn Jahre kämpfte der Komponist mit einer schweren Krebserkrankung, die ihm zunehmend die Energie zum Schreiben raubte und an der er 1918 schließlich starb – neun Monate nach dem er die Sonate gemeinsam mit dem jungen Geiger Gaston Poulet uraufgeführt hatte.
Den Regeln zum Trotz
Die Violinsonate erinnert an die Formsprache von Rameau und Couperin. Anstatt der seit Joseph Haydn in ganz Europa typischen viersätzigen Form schrieb Debussy nur drei Sätze, übertitelt mit poetischen Spielanweisungen wie "fantastique et léger", zu Deutsch: fantastisch und leicht.
Dazu trotzte er strengen Formregeln und ließ Violine und Klavier so viel Raum, dass sie einander spielerisch herausfordern. Dadurch wird eine Energie freigesetzt, die ganz selbstverständlich sensible Melancholie und schillernde Lebensfreude miteinander verbindet. Und obwohl die Sonate als klingendes Denkmal für die musique française verstanden werden möchte, lässt sich Debussys Vorliebe für die exotische Fremde nicht überhören: Immer wieder blitzen Motive anderer Kulturen darin auf.
Tianwa Yang (Violine)
"Tianwa Yang ist die stärkste junge Geigerin, weit und breit" - lobte 2014 die Frankfurter Musikkritikerin Eleonore Büning. 1987 in Peking geboren, erhielt Tianwa Yang mit vier Jahren ihren ersten Geigenunterricht. Schon damals nahm sie an zahlreichen Wettbewerben teil, aus denen sie als Preisträgerin hervorging. Mit zehn Jahren kam sie dann an das Musikkonservatorium ihrer Heimatstadt und spielte drei Jahre später als jüngste Interpretin die 24 Capricen von Niccolò Paganini ein. Zahlreiche weitere CD-Aufnahmen folgten, für die sie im letzten Jahr u.a. mit dem ECHO-Klassik-Preis in der Kategorie "Nachwuchskünstlerin" sowie dem "Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik" ausgezeichnet wurde. 2003 kam Yang zum Kammermusikstudium nach Deutschland.
Yang debütierte bereits auf der ganzen Welt. Sie spielte in großen Konzertsälen wie dem Gewandhaus zu Leipzig oder dem Salle Pleyel in Paris und gastierte bei international renommierten Orchestern wie dem BBC Philharmonic oder dem New Zealand Symphony Orchestra. Die junge Violinistin gehört zur "geigerischen Weltelite", sagt die Presse. Yang spielt eine "Guarneri des Gesu" aus dem Jahr 1730.
Nicholas Rimmer (Klavier)
Der gebürtige Engländer Nicholas Rimmer hat sich vor allem als Kammermusiker und Liedbegleiter in der Musikwelt etabliert. 1981 in Wigan geboren, entwickelte er früh seine Liebe zur musikalischen Vielseitigkeit. Neben Klavier und Komposition studierte er noch Tonsatz, Dirigieren und Musikwissenschaft.
Seitdem er 2006 den Preis beim Deutschen Musikwettbewerb gewann, spielt und lebt Rimmer in Deutschland. An der Hochschule für Musik und Theater in Hannover setzte er sein Klavierstudium erfolgreich fort. Als Kammermusiker – in verschiedenen Formationen, u.a. mit dem Bratschisten Nils Mönkemeyer und dem von ihm gegründeten Leibniz Trio – gastierte er schon auf zahlreichen internationalen Bühnen. Er spielte u.a. beim Schleswig-Holstein Festival, in der Londoner Wigmore Hall und der Tonhalle Zürich. Mit Tianwa Yang nahm er bereits die kompletten Werke für Violine und Klavier von Wolfgang Rihm auf, für die das Duo bereits mehrfach ausgezeichnet wurde. Seit 2013 unterrichtet Rimmer Liedgestaltung an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Frankfurt.