Frédéric Chopins Etüden gehören zu den anspruchsvollsten Werken der Klavierliteratur, an denen schon so mancher Pianist sogar im Konzertsaal verzweifelt gescheitert ist.
Etüden für die Konzertbühne
Geschrieben zwischen 1829 und 1836 werden Chopins Etüden als poetische Meisterwerke betrachtet, inspiriert von Johann Sebastian Bach, vor allem durch dessen Präludien aus dem „Wohltemperierten Klavier“.
Während einige Chopin-Etüden zyklisch und zusammenhängend komponiert wurden und direkt aneinander anschließen, gibt es auch einzelne Werke, die der geschäftstüchtige Komponist als Widmungsstücke schrieb und gleich in mehreren Ländern gegen gutes Honorar veröffentlichte. Als Opus 10 hat Chopin dann 12 dieser Werke 1833 zum Druck zusammengefügt.
„Sonaten en miniature“, etwas unerhört Neues
Mit dem Etüdenzyklus op. 10 gelang Chopin etwas wahrhaft Unerhörtes. Wohl niemand zuvor hatte technische Übungsstücke komponiert, die gleichzeitig einen derart hohen musikalischen Rang besaßen. Bedarf für solch musikalisches Material war durchaus da, der Markt für Klavierübungen wuchs im 19. Jahrhundert immens.
Zu den berühmten ‚Lieferanten‘ für diese Art von Literatur zählten zum Beispiel auch die Komponisten Muzio Clementi, Carl Czerny, Ignaz Moscheles oder Friedrich Wilhelm Kalkbrenner. Doch kann man in den vergleichsweise einfachen Etüden-Werken dieser Komponisten kaum Vorbilder für die Chopin'schen Etüden erkennen. In jeder einzelnen Nummer seines Opus 10 behandelt Chopin eine technische Spezialität, die in so anspruchsvoller, ja extremer Ausprägung in der Literatur für das Instrument Klavier bis dahin nicht bekannt war.
Auch wenn man sich heute darüber streitet, welche der 12 Etüden als die technisch schwierigste gelten darf: Die virtuosen Werke gehören zum Muss und Kernrepertoire eines jeden Pianisten. Doch gibt es die unterschiedlichsten Meinungen über die richtige Aufführungspraxis, denn der Kosmos der Chopin’schen Etüden ist schließlich vieldeutig.
„Dauerbrenner“ und Schnulze zugleich
Auch wenn Chopin mit seinem Opus 10 die neue Gattung der Konzertetüde geschaffen hatte, er behielt bei allen technischen Schwierigkeiten die didaktische Absicht im Blick. So lotet der Großteil der Etüden das geschmeidige Ausdehnen einer oder beider Hände aus, Chopins Fingersätze hierzu sind eher als unorthodox zu beschreiben.
Mit gewagter Chromatik, vielen überraschenden Wendungen und meisterhaft gestalteten Schlusstakten ergeben sich Ausdruckserweiterungen, die immer wieder farbkräftige Charakterbilder malen. Manche Etüden erhielten mehr oder weniger treffende Beinamen.
Am bekanntesten und somit als „Dauerbrenner“ zu bezeichnen ist wohl die „Revolutionsetüde“ Nr. 12, in deren stürmischem Wüten Robert Schumann die Auflehnung der Polen gegen die Russen zu hören meinte.
Die Nummer 5 von Opus 10 wird (fast) nur auf schwarzen Tasten gespielt.
Und mit dem Chopin-Film „Abschiedswalzer“ wurde schon 1934 die Etüde Nr. 3 zur Schnulze „In mir klingt ein Lied“ verkitscht.
Gerade deswegen müssen die Werke heute interpretatorisch „gegen den Strich gebürstet“ werden.
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„Schlicht, nicht sentimental“ solle das Volksliedhafte in seinen Liedern sein, schrieb Gustav Mahler. Volksliedhaft trotz komplexer musikalischer Strukturen, mit denen er sie komponierte. Keines der Lieder, die er aus der Sammlung „Des Knaben Wunderhorn“ zum Vertonen ausgewählt hatte, sollte ein Strophenlied werden, weil „in der Musik das Gesetz ewigen Werdens, ewiger Entwicklung liegt — wie die Welt, selbst am gleichen Ort, eine immer andere, ewig wechselnde und neue ist.“