Musikstück der Woche

Frank Dupree spielt George Gershwin: An American in Paris, bearbeitet für Klavier

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Autor/in
Felix Werthschulte

Mit George Gershwins Orchesterstück „An American in Paris“ lässt sich wunderbar durch die turbulente französische Großstadt flanieren, auch wenn man meilenweit entfernt ist. Der Pianist Frank Dupree war von dieser Musik so begeistert, dass er mit 17 Jahren eine Fassung für sein Instrument geschrieben hat. Bis heute ist er der Einzige, der unser SWR 2-Musikstück der Woche bühnenreif spielen kann – so auch im Juli 2015 bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen.

Frank Dupree ist bekannt für seine Vielseitigkeit. Er arrangiert nicht nur selbst Stücke für sein Klavier, er dirigiert auch. Manchmal spielt und dirigiert er gleichzeitig. Und: er spielt auch Schlagzeug.

Im Piano Pulse Project kombiniert er all diese Fähigkeiten: In spektakulären Videos spielt er gleichzeitig die verschiedensten Instrumente, hat vorher das Stück für diese Instrumente arrangiert und gemeinsam mit Filmemacher Raphael Hustedt ins bewegte Bild umgesetzt.

Interview mit Frank Dupree über sein Arrangement von "An American in Paris"

Herr Dupree, wie kam es zu ihrer Klaviertranskription des Orchesterstücks „An American in Paris“ für Klavier?

Mit 13 Jahren habe ich zum ersten Mal die „Rhapsody in Blue“ gespielt. Danach habe ich angefangen, mich auch mit anderen Stücke von Gershwin zu beschäftigen. Mit der Oper „Porgy und Bess“ zum Beispiel, den Songs und eben auch „An American in Paris“. Und ich war überzeugt davon, dass gerade dieses Stück auch als Klavierversion funktionieren müsste.

Sie waren damals gerade mal 17 Jahre alt ...

Ja, und in meinem jugendlichen Leichtsinn dachte ich, ich bekomme schon alle Instrumente in meinen zehn Fingern unter. Innerhalb von wenigen Wochen war dann das handgeschriebene Konzept fertig. Es war mutig, diese Transkription überhaupt zu machen und zu glauben, dass man dieses große Orchesterstück aufs Klavier bringen kann. Ein echtes Experiment!

Was ist der Unterschied zwischen einer Transkription und einem Klavierauszug?

Mein Ziel war es, so viele Orchesterstimmen wie möglich in die Transkription einzubauen, sodass man wirklich nichts vermisst. Im Gegensatz zu einem Klavierauszug, der zur Vorbereitung zum Beispiel eines Dirigenten dient, ging es mir um etwas anderes: In meiner Fassung steht viel mehr drin als in einem gewöhnlichen Auszug. Sie ist nicht zur Vorbereitung für einen Dirigenten gedacht, sondern es handelt sich um eine konzertante Fassung für die Bühne.

Herausgekommen ist ein virtuoses Stück mit vielen technischen Herausforderungen. Ist Ihre Transkription schwieriger geraten als Sie es geplant hatten?

Bevor ich es heute öffentlich spiele, sage ich den Zuhörern bis heute immer: Ich verfluche mein eigenes Ich. Denn es ist einfach wahnsinnig schwer. Ich habe heute immer noch großen Respekt vor meiner eigenen Transkription – will aber auch nichts weglassen. Da gibt es weite Griffe, enorme Sprünge, Repetitionen und so weiter. Ein Virtuose wie Franz Liszt hätte wohl seine Freude daran gehabt! Dementsprechend muss man wirklich daran arbeiten, bis es auch tatsächlich „in den Fingern“ ist. Ich selbst habe es da wohl noch am leichtesten, ich habe es geschrieben.

Warum funktioniert das Orchesterstück denn auch auf dem Klavier?

Es ist die Frage, ob es funktioniert, ich habe selbst ja noch nie im Publikum gesessen! Ich glaube aber, es gibt einen neuen Reiz durch diese Bearbeitung. Harmonien sind ausgeprägter auf dem Klavier als in der Orchesterversion zu hören, weil das Klavier einen klareren Klang hat. Und dadurch wird auch die Struktur deutlicher. Die Herausforderung der Interpretation ist dann, das Klavier trotzdem wie ein Orchester klingen zu lassen. Das Stück ist zwar vollgriffig, aber nicht hart. Man muss die Farben herausgreifen, die man aus der Orchestration kennt, und sie dann als Pianist aus dem Instrument hervorholen.

Welche Passage gefällt Ihnen bis heute am meisten?

Gershwin war ja damals, zum Ende der Roaring Twenties, auf Frankreich-Reise und hat seine Eindrücke aus Paris autobiografisch in dem Stück niedergeschrieben. Man hört die Großstadt, den Straßenlärm, die Taxihupen. Und in der Mitte kommt dann, ganz plötzlich, ein ruhiger Blues mit einem Trompetensolo, auch die Saxophone kommen zum Vorschein. Das ist toll, nach den ganzen Schweiß treibenden Passagen: Wenn man die geschafft hat, dann genießt man den Blues …

Gibt es in ihrer Transkription eigentlich große Unterschiede zum Original?

Es fehlen acht Takte. (Lacht.) Ganz in der Mitte, das kriegt man gar nicht mit. Es handelt sich um ein riesiges Orchestertutti, mit dem ich mir sehr schwer getan und mich deswegen zu einem kleinen Cut entschieden habe. Und bis auf eine Ausnahme hat das auch bis heute noch niemand gemerkt … (Lacht.)

Und wie reagiert das Publikum?

Die Leute kennen das Stück, haben die Melodien im Ohr. Die neue Fassung macht diesen Eindruck dann wieder frisch. Man hört neue Elemente. Es ist ein sehr humorvolles Stück und arbeitet mit plastischen Klangbildern. Von daher ist es auch fürs Publikum immer eine Reise durch Paris. Wenn man selbst schon einmal dort war, kann man sich viele Elemente vorstellen. Und letztlich ist es vor allem ein symphonisches Werk, keine Sonate oder Rhapsodie, kein normales Klavierstück, sondern wirklich groß. Und dieser Funke springt dann auch auf das Publikum über.

Die Fragen stellte Felix Werthschulte.

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Felix Werthschulte