Musikstück der Woche mit Dmitrij Kitajenko

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Autor/in
Felix Werthschulte

Fröhlichkeit und turbulentes Leben – in Tschaikowskys Orchesterwerk Capriccio italien spürt man noch heute die ausgelassene Stimmung, die der Komponist einst in Rom erlebte.

Ein Russe in der ewigen Stadt

Von Anfang Dezember 1879 bis Ende Februar 1880 verbrachte Peter Tschaikowsky in Rom. Es war sein dritter und bis dahin längster Aufenthalt in der Ewigen Stadt. Tschaikowsky war wie berauscht vom Anblick der eindrucksvollen Kunstschätze, der weihevollen Stimmung in den Kirchen und der von jahrtausendealter Geschichte erzählenden Atmosphäre zwischen Forum Romanum, Via Appia und dem Petersdom. Vor allem aber war es der römische Karneval, dessen lebenslustiger Trubel den russischen Komponisten besonders begeisterte.

Die Stimmung des Aufenthalts in der italienischen Hauptstadt hat Tschaikowsky in seinem Capriccio italien auf großartige Weise festgehalten. Das kurze Orchesterstück warf er innerhalb von wenigen Wochen noch in Italien aufs Papier. Depressiven Verstimmungen, die ihn sonst so oft plagten, waren wie weggeblasen; Tschaikowsky fühlte sich höchst inspiriert. „Ich möchte gerne etwas schreiben in der Art von Glinkas Spanischen Fantasien“, schrieb er aus Rom an seine Freundin und Förderin Nadeschda von Meck.

Den besonderen Reiz bezieht das Capriccio vor allem aus italienischen Musik, die Tschaikowsky sehr wahrscheinlich während dieser Zeit leibhaftig hörte und wie ein Schwamm in sich aufsog. Dazu zählt etwa die markante Bläserfanfare, die das Entree des Capriccios bildet. Wie sein Bruder Modest sich erinnerte, soll Tschaikowsky dieses Motiv allmorgendlich einer nicht weit von seiner Unterkunft gelegenen Kavalleriekaserne gehört haben.

Bella ragazza ...

Die weiteren Themen des Stücks basieren auf italienischen Volksweisen oder Tänzen. Ins Ohr geht vor allem das beschwingt-melodiöse Hauptthema. Diese Melodie im Dreivierteltakt basiert auf dem italienischen Volkslied „Bella Ragazza dalle trecce bionde“ („Schönes Mädchen mit den blonden Zöpfen“). In Tschaikowskys Bearbeitung wird es zuerst von den Holzbläsern vorgestellt, ehe die Streicher und schließlich das ganze Orchester es strahlend und leidenschaftlich weiterführen.

Flirrendes Finale

Nach einem Mittelteil – einer bewegten, von Tamburinklängen begleiteten Volksliedmelodie und einem romantischen, langsameren Abschnitt – folgt noch eine

flirrende Tarantella: Wie ein aufziehender Sturm steigern sich die treibenden Linien immer weiter, bevor sie in eine strahlende Version des „Bella Ragazza“-Themas münden. Überraschend rafft Tschaikowsky dann die Tarantella noch einmal und beschert dem Stück einen genauso kraft- wie eindrucksvollen Schluss.

Gescholten und geliebt

Das Capriccio italien wurde zu einem der ungetrübtesten Werke, die Tschaikowsky je für Orchester komponiert hat. Er selbst war mit der Komposition als Erinnerung an seinen Rom-Aufenthalt sehr zufrieden. Auch die Uraufführung Ende 1880 in Moskau unter dem Dirigat seines Freundes Nikolaj Rubinstein wurde zu einem großen Erfolg. Von einigen russischen, vom Nationalismus geprägten Musikerkollegen hagelte es dennoch heftige Kritik (so nannte es der Musikkritiker César Cui ein „reißerisches Potpourri italienischer Volkslieder“). Doch der Popularität des Werks in den Konzertsälen der ganzen Welt hat das bis heute keinen Abbruch getan.

Autor: Felix Werthschulte

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Felix Werthschulte