Lessons in Love and Violence – Lektionen in Liebe und Gewalt – bekommen in der gleichnamigen Oper von George Benjamin und Martin Crimp die beiden Kinder eines im Stück nicht näher benannten englischen Königs: Direkt vor ihren Augen entrollt sich ein Drama um Liebe und Macht, Loyalität und Treue, Begehren und Gewalt – und schließlich Mord. Librettist Martin Crimp:
Die Handlung basiert auf historischen Ereignissen um den englischen König Edward II.
Benjamins Musik kreiert die Grundstimmung: Die unheimliche, Gewalt geschwängerte Atmosphäre ist von der ersten Minute an zu greifen. Immer wieder lassen interessante Klangeffekte durch ungewöhnliche Instrumentationen aufhorchen. Aber außer in den kurzen Zwischenspielen der sieben Szenen steht die Musik nie allein. Sie übernimmt keine eigene dramaturgische Rolle, sondern ist Begleiterin für die knappen, aber präzisen Texte aus Crimps Libretto. Komponist George Benjamin findet dazu intuitiv seine Musiksprache.
Die Regisseurin Katie Mitchell entrollt das Drama einzig und allein an einem Ort: Im Schlafzimmer des Königs vollziehen sich Liebe und Betrug, Machtspiele und Mord – und immer stehen die Königskinder mit großen Augen daneben.
Emotionen und Machtspiele intensivieren sich durch das reduzierte Ambiente
Erklärt Regisseurin Katie Mitchell in dem kurzen Einführungsfilm, der sich als Zusatzmaterial auf der DVD findet. Grau und blau dominieren das Setting, die Männer tragen smarte Anzüge. In diesem reduzierten Ambiente intensivieren sich alle Emotionen und Machtspiele. Die DVD-Produktion trägt der Kammerspiel-Atmosphäre der Oper Rechnung. Wie in einem Kino-Film fangen die Bilder die intensiven Emotionen in Close-ups ein. Wir sehen am Zittern des Hemdes den Herzschlag des Königs in seinem Todeskampf; wir sehen vor allem immer wieder das Entsetzen, den Ekel, die Ungläubigkeit der beiden Königskinder, die in jeder Szene neue grausame Lektionen lernen.
Spannende und intensive Produktion
Faszinierend hier die junge Schauspielerin Ocean Barrington-Cook, die in der ganzen Oper kein Wort spricht und auch keine Zeile singt, dafür allein durch ihre Darstellung das ganze Grauen ausdrückt. Auch das Sänger-Ensemble ist erstklassig besetzt: Stéphane Degout singt einen verletzlichen König, Gyla Orendt ist ein unheimlicher und leidenschaftlicher Gaveston, Barbara Hannigan eine starke Königin, die für sich und ihre Kinder versucht, zu retten, was zu retten ist, Peter Hoare ein kühl kalkulierender Mortimer. Der Komponist selbst dirigiert das Orchester des Royal Opera House in dieser spannenden und intensiven Produktion, welche nicht zuletzt die Stärken des Mediums Film deutlich macht: Mit der Kamera sind wir mittendrin und erleben hautnah das Grauen und Schrecken der Lektionen in Liebe und Gewalt, die uns diese Oper erteilt.
DVD-Tipp vom 7.3.2019 aus der Sendung SWR2 Treffpunkt Klassik