Klassische Verhörer kommen auch in Weihnachtsliedern vor.
"Hallo Julia!"
Julia ist in der Kirche die Frau fürs Feierliche, zumindest hören das viele Kinder so. Sie bemerken oft erst Jahre später, dass der Pfarrer da eigentlich "Halleluja" gesungen hat. Ein klassischer Verhörer.
"Die Kirche ist ja ein Ort großer Missverständnisse", sagt der Journalist Axel Hacke. "Das hat damit zu tun, dass da in einer Sprache gesungen, gesprochen, gebetet wird, die nicht mehr alltäglich ist, die nicht mehr so ohne weiteres jeder versteht. Die bekannteste Figur neben dem Wumbaba ist ja eigentlich der Owi aus "Stille Nacht": "Stille Nacht, heilige Nacht, Gottes Sohn, Owi lacht". Ein zweiter, lachender Gottessohn namens Owi, bei dem man sich fragt "wo kommt denn der her?" In der ganzen Bibel nirgendwo erwähnt. Eine völlig neue theologische Lage."
Der Knabe Holger und der weiße Neger Wumbaba
Der lachende Owi aus der letzten Strophe von "Stille Nacht". Aber schon in der ersten Strophe dieses Liedes taucht bei dem trauten, hochheiligen Paar eine suspekte Gestalt auf: ein Knabe namens Holger – so zumindest hören sich viele Kinder diesen Text zurecht, der eigentlich lautet "holder Knabe mit lockigem Haar".
"Freue Dich, o Christenheit", kann man da nur jauchzen und erleichtert feststellen: Die Menschen suchen immer nach einem Sinn, auch wenn dieser Sinn aus Unsinnigem zurechtgezimmert ist und sich im Zweifelsfall kühn über die Gesetze der Logik hinwegsetzt.
"Mondegreens" nennen Linguisten diese Art von Verhörern: Wörter, die man nicht kennt, werden kurzerhand ersetzt durch bekannte Wörter oder Namen, die so ähnlich klingen und sich grammatisch einigermaßen schlüssig in den Zusammenhang einbauen lassen. Fremdsprachige Schlagertexte eignen sich hierfür hervorragend.
Verhörer namens "Mondegreens"
Kinder, die naturgemäß noch einen kleineren Wortschatz haben, erfinden die phantasievollsten Mondegreens. Berühmt ist zum Beispiel der "weiße Neger Wumbaba". Im Abendlied "Der Mond ist aufgegangen" steigt er aus den Wiesen ;um wie viel spannender ist dieser Wumbaba als der weiße Nebel, der hier zwar wunderbar, aber doch auch etwas gewöhnlich, aus den Wiesen steiget.
Wumbaba ist denn auch der Namensgeber eines Buches über die wunderbarsten Verhörer. Der Journalist Axel Hacke hat es geschrieben und dafür Dutzende von Leserbriefen ausgewertet, die er zu diesem offenbar unerschöpflichen Thema bekam. Auch hierfür erweisen sich Weihnachtslieder als ein ewiger Quell der Freude, zum Beispiel Kurt, der Engel: "Kurt der Engel kommt vor im Weihnachtslied "Leise rieselt der Schnee", wo es heißt "Bald ist heilige Nacht. Kurt der Engel erwacht". In Wahrheit erwacht der Chor der Engel."
Liederprojekt SWR2 Weihnachtslieder
Um welche Rose geht es im beliebten Weihnachtslied „Es ist ein Ros entsprungen“? Und wie ist noch einmal „Stille Nacht“ entstanden? SWR2 Weihnachtslieder geht auf viele dieser Hintergründe und Geschichten ein. Im Mittelpunkt stehen dabei Aufnahmen dieser Lieder, die 2012 im Rahmen des Liederprojektes mit dem Carus-Verlag entstanden.