Luigi Nono in Freiburg
Die Schaffung eines Werke-Kanons in der Neuen Musik – das ist das zentrale Anliegen des SWR Experimentalstudios. Immer bemüht, neue Trends aufzunehmen und diese in die Technik und Musik zu übertragen und Komponisten bereit zu stellen, versteht es als seine Kernaufgaben. Komponisten unterschiedlichen Alters und Herkunft versuchen hier in Zusammenarbeit mit dem Mitarbeiterteam, Werke zu schaffen, die vielleicht einmal zu Meilensteinen der Musikgeschichte werden. Es ist ein bisschen wie das Fischen im trüben Gewässer: Man muss geduldig angeln, bis man den großen Fang macht.
So war es auch zu Beginn der 1980er Jahre, als Luigi Nono durch die Türen des Experimentalstudios schritt. Er hatte vom Freiburger Studio gehört und war neugierig, was er dort vorfinden würde. Dass er hier nahezu sein gesamtes Spätwerk komponieren würde, hatte zu diesem Zeitpunkt keiner ahnen können. Und noch weniger, dass dabei so bedeutende Werke wie "Das atmende Klarsein", "Guai ai gelidi mostri", "Quando stanno morendo: Diario Polacco No. 2" und nicht zuletzt sein "Prometeo" entstehen würden.
Aus der Sicht des Dirigenten
Das SWR Experimentalstudio hat diese "Tragödie des Hörens" inzwischen mehr als 90 Mal aufgeführt, es ist also ein zentrales Werk nicht nur für den Komponisten, sondern auch für das Studio. Vieles, was essentiell ist für die Aufführung der Komposition, ist bislang nur mündlich überliefert. Und manches davon gaben Detlef Heusinger, künstlerischer Leiter der SWR Experimentalstudios, und Roberto Fabbriciani, Nonos Wegbegleiter und Flötist der ersten Stunde, anlässlich der Prometeo-Aufführungen in Luzern im vergangenen Herbst preis. Wir erfahren, wie wichtig bei "Prometeo" die mündliche Überlieferung des Komponisten ist und wie sich das 'Gesicht' des Werkes an jedem Aufführungsort extrem verändert.