Donaueschinger Musiktage 2001 | Werkbeschreibung

Werke des Jahres 2001: "here [to be found]"

Stand
Autor/in
Michel van der Aa
Übersetzung
Lydia Jeschke (aus dem Englischen)
Lydia Jeschke

"here [to be found]" ist eine 18 minütige Suche nach Synchronizität zwischen dem Sopran, dem Orchester und dem Soundtrack. Das Stück beruht auf sehr wenig Material. Eine Sequenz von elf Akkorden bildet die harmonischen Basis des gesamten Werks. Der Text stammt vom Komponisten und handelt von einer Person, die sich selbst völlig verloren hat. Der Soundtrack basiert auf elektronischen Manipulationen von Aufnahmen des Orchesters und des Soprans. Der Text wird dreimal gesungen. Jedesmal wird dieselbe harmonische Struktur verwendet, dabei aber in unterschiedlicher Weise behandelt; jedes Erscheinen hat ein anderes Resultuat und bildet ein anderes Umfeld für die Sopranstimme.

Beim ersten Singen des Textes wird die harmonische Struktur eingeführt. Die Akkorde im Orchester erhalten eine neue Obertonschicht durch den Soundtrack, als ob sie mit einem metallischen Schleier überzogen wären. Der Sopran beginnt total isoliert von Orchester und Soundtrack, wird aber, während sich der erste Teil entfaltet, allmählich synchronisiert.

Wenn der Text zum zweiten Mal erklingt, werden einzelne Worte, die der Sopran singt, von zuvor aufgenommen und bearbeiteten Konsonanten aus dem Soundtrack perkussiv artikuliert. Im Orchester beginnen kurze, hämmernde Sequenzen, die harmonische Struktur zu unterbrechen, bis bloß eine dichte Formation instrumentaler Ausbrüche übrigbleibt. Vor- und zurückgespulte Elemente des Stücks werden im Soundtrack hörbar, sie zeigen zeitliche Sprünge nach vorn und nach hinten und suchen nach der richtigen Stelle im Stück, von der aus fortzufahren ist.

Während des dritten Erscheinen des Textes verliert der Sopran die Synchronizität, die er zuvor gefunden hatte, und trennt sich langsam vom Orchester. Während die Sängerin anfangs einem Panorama von leise gespielten Akkorden im Orchester folgt, driftet sie nach und nach in eine neue Umgebung von Rückblenden, die im Soundtrack zu hören sind. Am Schluss des Stückes sind Sopran und Orchester ganz unverbunden. Sie haben nicht nur ihr zeitliches Verhältnis völlig zerstört, sondern sich auch in verschiedene Räume bewegt.

"here [to be found]" ist ein Auftragswerk der Eduard van Beinum Stiftung und der Donaueschinger Musiktage.

Motionless I find myself on the
ground. Covered with questions. Stones
invade stomachs. Windows stand starless
still. With little or no light
I clearly see all I can
see. An order without lines, sparks or
colour. The charts show no coherence.
Now should I: Breathe the muddied night air,
Tear the light curve off its asymptote,
Cage my myriad mind instantly,
Without faltering attempt
the impossible and find
my longitude? A wounded
shooting star. Nothing catches
fire and I am unaware.

Bewegungslos finde ich mich
am Boden wieder. Übersät mit Fragen. Steine
füllen Mägen. Fenster stehen sternlos
still. Mit wenig oder ohne Licht
sehe ich klar alles, was ich
sehen kann. Eine Ordnung ohne Linien, Funken oder
Farbe. Die Skalen zeigen keine Übereinstimmung.
Nun sollte ich: Atmen die trübe Nachtluft,
Wegreißen die Lichtkurve von ihrer Asymptote,
sofort Einsperren meine zahllosen Gedanken,
Ohne zu zögern, das Unmögliche
versuchen und finden
meinen Längengrad? Ein verwundeter
shooting star. Nichts fängt
Feuer und ich bin ahnungslos.