Donaueschinger Musiktage 2016 | Werkbeschreibung

Werke des Jahres 2016: "Symphony of Three Orchestras"

Stand

Carter komponierte seine "Symphony of Three Orchestras" 1976 im Auftrag von sechs US-amerikanischen Orchestern. Er sucht darin und definiert einen spezifischen amerikanischen Orchesterklang der Moderne. Gleichzeitig entwickelt er ein eigenes Konzept von Raummusik, indem sich die drei Orchestergruppen konzertierend ergänzen. Gewidmet ist das Werk dem Dirigenten der Uraufführung (1977 in New York), Pierre Boulez, über Jahrzehnte hinweg einer der wichtigsten Exponenten der Donaueschinger Musiktage.

"A Symphony of Three Orchestras", im Juni 1976 angefangen und im Dezember fertiggestellt, wurde anlässlich des zweihundertjährigen Jubiläums der Vereinigten Staaten von den New Yorker Philharmonikern mit einer Unterstützung für sechs Orchester (Boston, Chicago, Cleveland, Los Angeles, New York und Philadelphia) vom National Endowment for the Arts beauftragt. Die Partitur ist den New Yorker Philharmonikern und ihrem Dirigenten Pierre Boulez gewidmet. Das ganze Orchester ist für dieses Stück, wie in den vielen Orchesterwerken von Mozart, in drei kleinere Orchester unterteilt. Das erste Orchester ist zusammengesetzt aus Blechbläsern, Streichern und Pauken; das zweite Orchester aus Klarinetten, Klavier, Vibraphon, Glockenspiel, Marimba, Soloviolinen, Solobässen und einer Gruppe von Violoncelli; das dritte Orchester aus Flöten, Oboen, Fagotten, Hörnern, Violinen, Bratschen, Bässen und ungestimmten Schlaginstrumenten. Am Anfang des Stückes sind die höchsten Register der drei Orchester zu hören, die langsam herabsinken, während die Trompete in Orchester I eines der Themen ankündigt, die an vielen Stellen zu hören sein wird. Das langsame Herabsinken wird zu raschen, stark fallenden Passagen. Diese Musik wurde vom Anfang eines Gedichtes von Hart Crane, The Bridge, angeregt, das den New Yorker Hafen und die Brooklyn Bridge beschreibt: Wie viele Morgen, durchfroren nach ihrer Riffel-Rast, tauchen der Möwe Flügel ein und um sie drehen, verbreiten weiße Wirbelringe, dass hoch erbaut überm Wasserjoch der Bucht die Freiheit – sodann, bei ungebrochener Kurve, unser Auge fliehen, so schemenhaft wie Segel ziehen über eine Seite Kolonnen, die's ablegen heißt; – bis uns vom Arbeitstag ein Aufzug auslässt...

Der Anfangsabstieg führt sofort zu einem Giocoso-Thema, das von den Fagotten gespielt wird. Das ist die zentrale Idee des ersten Satzes von Orchester III, und stellt den Anfang des Hauptteiles des Stückes dar. Von dort bis zur Schlusscoda gibt es zwölf verschieden charakterisierte Sätze und jeder dieser Sätze hat seine eigenen zusammenhängenden Themen. Jedes Orchester spielt vier dieser Sätze und obwohl diese vier Sätze jedes Orchesters im Ausdruck und in der Geschwindigkeit natürlich unterschiedlich sind, sind sie aber durch räumliche Position, instrumentelle Farbe, charakteristische Harmonien und Rhythmen miteinander verbunden. Kein Orchester spielt zwei seiner Sätze gleichzeitig, doch alle zwölf Sätze werden eingeführt, während ein anderer Satz eines anderen Orchesters gespielt wird. Das Orchester taucht kurz auf und ist alleine hörbar, dann wird es aber zum Hintergrund eines anderen Einstiegs eines anderen Satzes. So gibt es also ein ständiges Überlappen und eine ständige Veränderung des Flusses der Musik. Der Hörer soll natürlich nicht mehr als die Modulationen in Tristan und Isolde beim ersten Hören die Details dieses ständig sich veränderten Klangnetzes erkennen. Vielmehr soll er den Charakter dieses Kaleidoskopes musikalischer Themen hören und versuchen zu erfassen, wie sie in den wechselnden Kontexten präsentiert werden. Der Hauptteil wird durch eine Serie von sich wiederholenden kleinen lauten Akkorden für das ganze Orchester gestoppt und somit wird der vorangegangene Fluss zerschlagen. Das Stück endet mit einer Coda, die einige Fragmente der vorangegangenen Musik wieder aufgreift, repetitive Passagen mit expressiven Explosionen abwechseln und schlussendlich hinabsinken in die tiefsten Register der drei Orchester, wodurch die Coda an den Anfang erinnert. Obwohl das Werk nicht in jedem Sinne ein Versuch ist, das Gedicht von Hart Crane in Musik auszudrücken, wurden viele der musikalischen Ideen durch das Gedicht und andere Werke von Crane angeregt.

English

"A Symphony of Three Orchestras", begun in June 1976 and completed in December, was commissioned by the New York Philharmonic under a commissioning grant to six orchestras (Boston, Chicago, Cleveland, Los Angeles, New York, and Philadelphia) from the National Endowment for the Arts, a Federal Agency, in celebration of the United States Bicentennial. The score is dedicated to the New York Philharmonic and Pierre Boulez, its music director. For this work the whole orchestra is divided into three smaller orchestras, as in the multiple orchestra works of Mozart. The first orchestra is made up of brass, strings and timpani; the second: clarinets, piano, vibraphone, chimes, marimba, solo violins and basses and a group of violoncellos; the third: flutes, oboes, bassoons, horns, violins, violas, basses, and non-pitched percussion. The opening music, which starts in the highest registers of the three orchestras and slowly descends as the trumpet announces one of the themes heard at various times in Orchestra I and ends in a series of rapidly plunging passages, was suggested by the beginning of hart Hart Crane's The Bridge, which describes New York harbor and the Brooklyn Bridge: How many dawns, chill from his rippling rest The seagull's wings shall dip and pivot him, Shedding white rings of tumult, building high Over the chained bay waters Liberty – Then, with inviolate curve, forsake our eyes As apparitional as sails that cross Some page of figures to be filed away; Till elevators drop us from our day... The opening descent immediately leads to a Giocoso theme played by bassoons, the central idea of the first movement of Orchestra III, that begins the main section of the score. From here to the concluding coda, 12 differently characterized movements, each with its own related themes, are heard, four played by each orchestra. Werkeinführungen 156 Konzert 12 The four movements of each orchestra, while differing in expression and speed, are related, of course, by spatial location and instrumental color and also characteristic harmonies and rhythms. While no orchestra plays two of its movements at a time, each of the twelve is introduced while another movement of another orchestra is being played, briefly surfaces to be heard alone and then becomes the background for another entrance of another movement. Thus there is a continual overlapping and changing flow of music. The listener, of course, is not meant, on first hearing, to identify the details of this continually shifting web of sound any more than he is to identify the modulations in Tristan und Isolde, but rather to hear and grasp the character of this kaleidoscope of musical themes as they are presented in varying contexts. The main section is brought to a stop by a series of repeated short, loud chords for the full orchestra that shatter the previous flow. The score ends in a coda that recalls fragments of the previous music, alternating repetitive passages and expressive bursts and finally sinks to the lowest registers of the three orchestras as the beginning is remembered. Although not in any sense an attempt to express the poem of Hart Crane in music, many of the musical ideas were suggested by it and by other of his works.

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Autor/in
SWR