Donaueschinger Musiktage 2001 | Bericht

Donaueschinger Musiktage 2001: Bericht über "El Jardin de Senderos Que Se Bifurcan"

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"Der Garten der Pfade, die sich verzweigen" von Ana Maria Rodriguez

"El Jardin de Senderos Que Se Bifurcan" Ist Teil von "espèces d'espaces", eines dreiteiligen akustisches Porträts der Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek, realisiert vom Künstlerensemble knm dock.

Ana Maria Rodriguez arbeitet sowohl mit präfabrizierten und Live-elektronischen Klängen als auch mit Instrumentalklängen. Die Instrumente verteilte sie in Donaueschingen auf die 2 Etagen des Dachgeschosses. In der oberen großflächigen Etage saßen Trompete und Posaune, in der unteren kleingliedrigen Etage war das Inside-Piano platziert. Die beiden Etagen und die unterschiedlichen Räume waren über ein Lautsprechersystem akustisch miteinander verzahnt.
Jorge Luis Borges und die Bibliothek: ein Klischeepaar, das Rodriguez die Dachgeschossstruktur der F.F. Bibliothek sofort suggerierte. Ihre paradoxe Konstruktion, verwinkelt und trotzdem offen, eignet sich als räumlich begehbare
Metapher für ein Zeitkonzept, wie es Borges in seiner Erzählung Der Garten der Pfade, die sich verzweigen fixiert. Gleich einem Hypertext verzweigt sich das Geschehen unter der Oberfläche, das selbst paradoxe Verläufe wie selbstverständlich zeitgleich zusammenfügt.

Diese Idee des verzweigten Zufalls modellhaft simulierend versuchte sie, die Dominanz der Liniarität in der Musik zu überwinden und zeitliche Situationen in räumliche zu projizieren. Zwei Lesarten der Zeit, von "denen die eine sich nur aus verschachtelten Gegenwarten zusammensetzt und die andere sich nur in in die Länge gezogene Vergangenheit und Zukunft zerlegen lässt", wurden strukturell bestimmend für die Komposition. Sie ist Christian Merscheid und Amanda gewidmet.

Ana Maria Rodiguez sucht stets nach konnotativen, weniger evidenten Aspekten, um die Dominanz des produktiven Objektcharakters zu ersetzen. In diesem Zusammenhang überdenkt sie die Position des Raumes und des Instrumentalisten neu, die mit der Materialfrage korrespondieren.. Standardlösungen der Industrie, wie wir sie beispielsweise von der Positionierung der Lautsprecher als Stereo- oder Quadrofonie kennen, erweisen sich allzu oft als unbefriedigend. Die Klangadressierung im Raum gestaltet sie in metaphorischer Äquivalenz zur Computerprogrammierung, indem schon auf primärem Level Klang und Präsentationsort verbunden werden.

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Autor/in
SWR