Blöcke als Maß – geschlagen oder auf eine abgesteckte Fläche verteilt, Zeit als eine Spanne / eine Wegdauer zwischen zwei Pfählen räumlich gemessen, Umläufe schwingender Pendel, Stufiges, große Quader auf eine weite Ebene geworfen, shifting shapes – alles in "XADE" ist von Raumvorstellungen getragen. Nichts entwickelt sich, folgt linear ab, nichts wird erzählt, sondern das Hören selbst wird zu einem Durchwandern stehender, in sich ruhender Klangstufen.
"XADE" soll nichts weiter sein als ein Orchesterstück, Musik mit einer eigentümlichen Illusion von Räumlichkeit, ohne dabei Raumkomposition im herkömmlichen Sinne zu sein, ohne virtuelle Räume durch elektronische Erweiterung, ohne "Plüsch" und Exotismen – einfach das, was es ist. Ungeschliffene Blöcke, Monolithe und transparente, ornamentierte Membrane sind übereinander und nebeneinander gelegt. Jedes Ding hat hierbei seine eigene Zeit, wie bei biologischen Uhren, ein "mood"-Eigenleben, eine nur für sein Andauern oder für das Verweilen an diesem Ort gültige unverstellte Direktheit.
Copy & Paste, Start und Stop sind die technizistischen Mechanismen der Anordnung und Gestaltung, wie dreidimensionale Grafikanimationen. Ungeschliffene Oberflächen liegen auf gleitenden Ebenen, halbdurchlässige Membrane/Folien werden übereinander geschoben mit der Illusion von räumlicher Tiefe.
"XADE" ist der emotionale Resonanzraum auf architektonische Größe und Erhabenheit. In diesem breitet sich feldhaft ein Pathos zweiter Ordnung aus, ein nach innen gewendeter Ausdruck. Nichts ist unmittelbar, das Heraustreibende wird mit äußerer Kraft zurückgehalten, um dann losgelassen über ein Maß hinaus zu schlagen, wie eine Übersteuerung.
Der Titel hat keine Bedeutung im herkömmlichen Sinn: Er ist selbst Klang, setzt durch sein Sprechen frei. Er klingt so, wie das Stück ist.
Am Horizont von "XADE" steht die Harmonie, die kraftvolle Gespanntheit der Bögen zwischen den gegensätzlichen sich anziehenden Kräften – nach dem Verklingen ein Ganzes.
- Festivaljahrgänge
- Donaueschinger Musiktage 2004
- Themen in diesem Beitrag
- Daniel Smutny, XADE für großes Orchester