Donaueschinger Musiktage 2009 | Werkbeschreibung

Werke des Jahres 2009: "Punktierte Allee"

Stand
Autor/in
Jens-Uwe Dyffort
Roswitha von den Driesch

Im Mittelpunkt unseres künstlerischen Interesses steht die Sensibilisierung für einen Ort. Umgebungsgeräusche, spezifische Akustik, Geschichte, städtische Einbindung und Prägung durch seine Nutzung bilden die Koordinaten für ein klangliches System. Es wird von uns visuell und hörbar in den Ort eingefügt. Die Klanginstallation entsteht dann aus dem Ort selbst, aus der Wechselwirkung zwischen den von uns eingebrachten klanglichen und visuellen Elementen mit den akustischen Gegebenheiten des Ortes.

Bei der Suche nach einem geeigneten Aufführungsort interessiert uns die Relation zwischen gegebenen formalen Strukturen und deren zeit-räumlichen Veränderungen, beispielsweise durch Umstrukturierung oder Nichtnutzung. Die sich über die Zeit verändernde Landschaftsarchitektur des Donaueschinger Schlossparks ist ein Beispiel dafür.

Während unseres Besuchs des Donaueschinger Schlossparks fiel uns auf, dass einige Wege unvermutet enden, durch Neubepflanzung anders verlaufen oder Baumgruppen auf Wiesen in ihren Anordnungen an Wegführungen erinnern. Als wir die Hauptallee entlang liefen, wurden uns die Veränderungen ihres Wegverlaufes besonders deutlich. Ursprünglich erstreckte sich die Hauptallee – als Sichtachse vom Schloss – in den unteren Bereich des Schlossparks und führte in Richtung Süden bis nach Allmendshofen. Durch die Anbindung an das Schienennetz und den Bau des Bahnhofes wurde ihr südlicher Verlauf im Zuge einer schaugerechten Umgestaltung des Parks verändert und führt heute in einem Bogen durch den Park. Ihr nördlicher Bereich ist vom Schlossbereich abgetrennt und führt bis zur Prinz-Fritzi-Allee. Beim Durchlaufen der Hauptallee lässt sich der lineare Verlauf der ehemaligen Sichtachse erahnen. Sie ist durch neu gepflanztes und nachwucherndes Buschwerk unterbrochen und nur noch in Abschnitten erkennbar.

Geht man eine Allee entlang, folgt man einer Linie, geht man scheinbar einem Fluchtpunkt entgegen. Beim Blick zurück spannen sich die gelaufene Strecke und die verbrachte Zeit auf. Die Klanginstallation Punktierte Allee – Donaueschinger Schlosspark greift die Struktur einer Allee, den ursprünglichen Verlauf der Sichtachse der Hauptallee auf, und zeichnet diese akustisch nach.

Schwarze, knopfgroße Piezo-Lautsprecher markieren sechzig den Weg säumende Bäume der ehemaligen Hauptallee. Sie werden über einzelne elektrische Impulse zum Klicken gebracht. Zu hören ist ein akustischer Impuls, die Eigenresonanz des Piezo-Lautsprechers. Diese feinen Klick-Geräusche heben sich durch ihre signifikante elektronische Erzeugung akustisch von ihrer Umgebung ab, andererseits mischen sie sich klanglich so, dass die Umgebungsgeräusche – wie Vögel, Insekten und Stadtgeräusche – in den Vordergrund treten. Die Piezo-Lautsprecher spielen unterschiedliche Rhythmen, repetitive Klicke, die linear den Verlauf der Allee beschreiben und horizontal von den wegsäumenden Bäumen kommend, sich miteinander verweben. Sie wirken wie ein Echolot zur unmittelbaren Umgebung. Der Widerhall der Klick-Geräusche und deren horizontale und zeitliche Auffächerung markieren den ursprünglichen Wegverlauf der Hauptallee, erweitern diesen akustisch und verstärken die Empfindung für den umgebenden Raum innerhalb der landschaftsarchitektonischen Gestaltung.

Stand
Autor/in
Jens-Uwe Dyffort
Roswitha von den Driesch