Donaueschinger Musiktage 2010 | Werkbeschreibung

Werke des Jahres 2010: "One shade the more, one ray the less"

Stand
Autor/in
Klaus Ospald

Die Bearbeitung der ursprünglich a cappella besetzten "Caprichos" für eine starke Bläserbesetzung, Percussion und Harfe, ohne Flöten, Oboen und Streicher, entstand aus dem Bedürfnis, den Kern des Werkes facettenreicher freizulegen: das Werk verwandelte sich unter der neuen Sicht und dem damit verbundenen rücksichtslosen Vorgehen so zu einem neuen Werk.

Tief verbunden mit den "armen" Gedichten aus des "Knaben Wunderhorn", die überzeitlich, paradigmatisch, ja nahezu transsubjektiv wie ein Mythos auf mich wirken und dem damit verbundenen "Riss in der Schöpfung", der als dunkelroter Strom breit und unermüdlich unter uns her ächzt, erscheinen unterschiedliche, scheinbar unvereinbare Räume, die jedoch traumartig-unterirdisch verbunden sind: vergangene Räume tauchen auf, schieben sich ineinander, zeitlich aus fernsten Fernen, vom Gehalt aber in nächster Nähe angesiedelt, prallen harsch aufeinander, durchdringen sich und verschwinden wieder wie bei einem Blick durch ein umgekehrtes Fernglas.

Und so auch der "Ikarus", als Inbegriff des "Frei-und Flugdenkers", der die "bösen Gedanken" als gefährliche Gedanken erfasst und adaptiert; der das Aussichtslose im "ewig Gleichen" erkennt und trotzdem einen Reim dafür findet...

Dem störenden Ikarus gilt die ganze Liebe: das sind die Dissidenten und Deserteure, die "Verfolgten im Turm", heute dringlicher als eh hervorzuheben, und nicht die Hysterischen vor den Fleisch-und Käsetheken, den Ei-Topps, Läpps und Pätts; gerade in heutiger Zeit, in der das Wort "Freiheit" zu einer marktstrategischen Größe verkommt. Und somit nicht den "Euphorions" dieser Welt, die gnadenlos alles sich aneignen, was sich ihnen in den Weg stellt, die "dummen Siegfrieds", reich an der Zahl" die einen sprachlos machen und erschüttern in ihrer grenzenlosen Dummheit, Gefräßigkeit und Gewaltbereitschaft. (Aber ein schönes Beispiel geben für grenzübergreifendes Verhalten...)(..Seid umschlungen, Millionen"- ; "die müsste ich mir erst einmal genauer ansehen!"(Arno Schmidt)

Und es gilt die warnenden, ahnungsvollen "Feinsliebchen" dieser Welt nicht zu vergessen!: die die Katastrophe schon sehen, Kassandra gleich, mit flügellahmen Händen zur Vision verdammt, schreiend, aber unerhört im Morast versinkend...

Krieg und Teufel, Liebe, Hass
Beten, Schiessen und 1 Maß:
der Mensch, als Ganzes unbestritten,
zerlegt in Teile, kleingeschnitten,
wird in seiner Größe nicht erkannt:

zu allererst und altbekannt: die grenzenlose Gier
(gut, das unterscheidet ihn vom Tier).
Auch löscht er aus die eigene Art
(na ja, da kommt er halt in Fahrt).

doch keine Angst: er kann sich wenden.
Der gute Mensch: jetzt wird er spenden!
wär' nicht ständig dies Entsetzen,
wenn Böse böse Messer wetzen!

Auch wenn Natur so richtig röhrt und brüllt und schreit,
ja, da ist unser Mensch nicht weit:
man sieht ihn wohl vom Mond aus nicht,
doch sein Geprahle stets besticht.

Und wenn es Feuer spukt und Wasser,
dann wird er klein und kleiner:
man sieht ihn nicht! wo ist er denn?
Oh Gott! Da kommt der Knochenhasser!

Was hilft ihm jetzt die Menschenmacht,
wenn PAN, der alte Sack, ihn ausgelacht!
Da hilft kein Schreien, auch kein Gezeter,
gefaltet rasch zu einem Meter,
in die Kiste, schnell zu Staub,
einer ruft noch:"Menschenraub!",
PAN zuckt leicht die Augenbrauen,
wir andern in die Tiefe schauen.

Wer glaubt, dem Autor fehlt's hier wohl an Ernst,
der kennt halt seinen Antrieb nicht:
er holt die Welt halt in sein Zimmer,
lacht und weint, sucht jeden Glimmer:
Menschheitsaufklärungsprogressionsgeschichte!
Wie schnell macht sie sich selbst zunichte.
Doch plötzlich: da! ein helles Licht!
„Orpheus du? ich glaub'es nicht!
Falscher Ort und falsche Zeit!"
Er: "Falsch gedacht! Ich wünsch'dir Heiterkeit!"
Hei-ter-keit? ?

Wild web'ich meine dunklen Töne
und wie schnell sind sie vorbei!
Ach, lkarus, sprich du: „Das Schöne?" Und Ikarus: "Ja mai, ja mai."
(Ein kynisches Klagelied in Worten)

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Autor/in
Klaus Ospald