Auf der Suche nach mitreißenden Klimaschutz-Hymnen
Geht die Klimakrise am Pop vorbei? Gibt es Klimaschutz-Hymnen, die nicht nur mahnen, sondern auch mitreißen? Die Band Deichkind ist bekannt für ihre fetten Shows, „Remmidemmi“ zieht bis heute zahlreiche Fans in die großen Hallen Deutschlands. Doch neben Party und Eskalation wird bei den Hamburgern auch auf die aktuelle gesellschaftspolitische Lage geschaut.
Auf Deichkinds aktuellem Album „Neues vom Dauerzustand“ (2023) geht es mitunter um das große Thema „Mensch und Natur“. Um die Sehnsucht nach dem „Natürlichen“ und Ursprünglichen – fernab von allen Krisen. Eine verklärte und romantische Idee, die sich beispielsweise im Song „In der Natur“ widerspiegelt:
Dass Musikerinnen und Musiker in Sachen Klima Stellung beziehen, finden Deichkind sehr wichtig. Niemand könne sich aus der Verantwortung stehlen, so Deichkind-Geschäftsführer Henning Besser aka DJ Phono.
Beim Touren per App Emissionen sparen
Die Stadien füllenden Shows von Deichkind sind natürlich mit hohen CO2-Emissionen verbunden, von der Anreise bis hin zur Müllbeseitigung. Klimaschutz ist bei der Band aber seit einiger Zeit stärker in den Fokus gerückt. Um ihre Touren so nachhaltig wie möglich zu planen, haben Deichkind sogar eine eigene Software entwickelt, die bei der Routenoptimierung unterstützt. So können am Ende unnötige Kilometer und dadurch auch Kraftstoff gespart werden. Zusätzlich investiert die Band in CO2-Kompensations-Projekte.
All das könnte schon längst Standard in der Musikbranche sein – ist es aber noch nicht. Für Software-Entwicklung und optimale Tourplanung fehlt gerade kleineren Bands oft das Geld und die nötige Unterstützung.
Henning Besser sieht darin ein strukturelles Problem: „Schon in der Pandemie haben wir bemerkt, dass es so etwas wie einen Lobby-Verband, der uns in politischen Interessen vertreten kann, nicht wirklich gibt. Und diese gleiche fehlende Vernetzung ist jetzt natürlich auch ein Nachteil bei Klima-Herausforderungen.“
Klimabewusst im Musikbusiness: Die Newcomer Endless Wellness
Auch die Band Endless Wellnes aus Wien macht sich Gedanken über ihren ökologischen Fußabdruck. Ihre Schallplatten lassen die Newcomer beispielsweise aus recycelten Vinyl herstellen. Getourt wurde auch schon mit der Bahn. Schließlich stehen Endless Wellness – genauso wie Deichkind, die in viel größeren Dimensionen arbeiten – vor ähnlichen Fragen: Wo bekommt man Unterstützung, wie schafft man auch ein Bewusstsein bei den Fans?
In ihren Songs verarbeiten Endless Wellness die Klimakatastrophe sehr konkret. Das Lied „Danke für Alles“ von ihrem Debütalbum „Was für ein Glück“ richtet sich an die vorangegangenen Generationen und klagt an. Es geht um Waldbrände, um Eisbären, die ihren natürlichen Lebensraum verlieren. Gleichzeitig verkörpert der Song eine Ohnmacht, die viele Millennials in Bezug auf die Klimakrise spüren.
Im Pop geschieht längst nicht genug für den Klimaschutz
Klar ist: Das, was gerade im Popgeschäft fürs Klima getan wird, ist noch längst nicht genug. Zwar ist Umweltbewusstsein mit Initiativen wie „Music Declares Emergency“ in der Branche angekommen, viele Bands und Solokünstler, Plattenlabels und Booking-Agenturen kämpfen sich aber weiterhin allein an Klimathemen ab.
Hier gilt es, kollektiv vorzugehen. Denn nur, wenn sich die einzelnen Akteure im Musikgeschäft zusammentun, kann sich auch etwas an der Branche verändern.