Diskussion über vier Bücher

SWR Bestenliste März

Stand

Shirin Sojitrawalla, Gerrit Bartels und Christoph Schröder diskutierten im Freiburger Literaturhaus vier auf der SWR Bestenliste im März verzeichneten Werke, die von tabuisierten Familiengeschichten und verdrängter Zeitgeschichte handeln.

Diskussion über vier Bücher

Zum Auftakt wurde der Roman „Als sei alles leicht“ von Elfi Conrad (Mikrotext Verlag) besprochen, der von drei Frauen und einem Baby erzählt, die Anfang 1945 auf der Flucht vor der Roten Armee in einem Flüchtlingslager im damaligen Reichsprotektorat Böhmen und Mähren gelandet sind.

Das auf dem 6. Platz der SWR Bestenliste im März geführte Buch wurde auf dem Podium sehr unterschiedlich bewertet: Einzelszenen, die kollektive und persönliche Erinnerungen abrufen, wurden von Seiten der Jury gelobt, allerdings gab es auch deutliche Kritik an der literarischen Ausgestaltung der verschiedenen Erzählperspektiven.

Durchaus kontrovers waren auch die Gespräche über Feridun Zaimoglus Trauerbuch „Sohn ohne Vater“ aus dem Kiepenheuer und Witsch Verlag (Platz 5) und Christine Wunnickes historischen Roman „Wachs“ (Platz 3), der im Berenberg Verlag erschienen ist.

Erinnerung als literarischer Motor

Allein Vigdis Hjorths Roman „Wiederholung“ in der deutschen Übersetzung von Gabriele Haefs aus dem S. Fischer Verlag (Platz 2) wurde im gut besuchten Freiburger Literaturhaus einhellig gelobt.

Die norwegische Schriftstellerin beschreibt zunächst die atemlose Suche eines pubertierenden Mädchens nach ausgelassenen Partys und sexuellen Erfahrungen. Dabei wird sie von ihrer kontrollsüchtigen Mutter auf Schritt und Tritt überwacht.

Das groteske Scheitern eines „ersten Mals“ und die erfundenen Ausschweifungen im Tagebuch des Teenagers lösen eine Familienkrise aus, die zur frühkindlichen Missbrauchsgeschichte der Ich-Erzählerin führt.

Aus den vier Büchern lasen Antje Keil und Sebastian Mirow. Durch den Abend führte Carsten Otte.

Platz 6 (43 Punkte) Elfi Conrad: Als sei alles leicht

Die Vorgeschichte zu „Schneeflocken wie Feuer“: Drei Frauen und ein Baby, die gegen Ende des Zweiten Weltkriegs aus Niederschlesien in Richtung Westen fliehen. Ein Buch über männliche Macht und weiblichen Widerstand.

Platz 5 (44 Punkte) Feridun Zaimoglu: Sohn ohne Vater

Die Mutter ruft aus der Türkei an und meldet den Tod des Vaters. Der Ich-Erzähler macht sich im Wohnmobil auf den Weg. Die Reise ist eine Reise in die Erinnerung.

Platz 2 (59 Punkte) Vigdis Hjorth: Wiederholung

Hjorths Romane kreisen geradezu besessen um eine Familiengeschichte, die ihrer eigenen ähnelt. Ein Streit unter Geschwistern, der über Bücher ausgetragen wird. Im Zentrum: Eine traumatische Missbrauchserfahrung durch den eigenen Vater.

Stand
Das Gespräch führte
Carsten Otte
SWR Kultur Literaturkritiker Carsten Otte
Gespräch mit
Shirin Sojitrawalla
Gerrit Bartels
Christoph Schröder