Sogar Ötzi und Sissi hatten Tattoos
Tätowierungen gibt es seit mindestens 5000 Jahren. Das beweisen unter anderem Mumienfunde aus Ägypten und Südamerika. Auch die mumifizierte Leiche des Höhlenmenschen „Ötzi“ wies 61 kleine Tattoos auf.
In das Europa der Neuzeit wurden Tattoos erst wieder vom Entdecker Thomas Cook und seiner Crew gebracht. Im 19. Jahrhundert sind sie während einer Südseereise auf die tätowierten Körper von polynesischen Ureinwohnern aufmerksam geworden. Sie wandelten die Motive ab und ließen sich selbst tätowieren.
Sogar der europäische Hochadel war zwischenzeitlich im Tattoofieber: Auch Kaiserin Sissi von Österreich hat sich einen Anker auf die Schulter tätowieren lassen. Tattoos blieben aber nur eine kurze Modeerscheinung, bis zum späten 20. Jahrhundert.
Die Punks der 70er und 80er-Jahre ebneten populären Tattoos den Weg
Mitte der Siebzigerjahre wurden Tätowierungen zum Markenzeichen vieler Punks und gewannen so erstmals wieder an Popularität, blieben aber vorerst Teil der Subkultur.
Auch Anfang der 80er-Jahre waren Tattoos noch nicht im Mainstream angekommen, aber ein leicht anderes Milieu fing an, sich dafür zu interessieren. Rödel erinnert sich, dass nun auch viele Rocker und Biker Tattoos trugen, zum Beispiel Gangabzeichen oder klassische Motorradmotive wie den Harley-Motor.
Durch MTV zum Mainstream
Mit dem Beginn der 90er-Jahre kamen Tätowierungen in der Mitte der Gesellschaft an. Dirk-Boris Rödel sieht vor allem den Musiksender MTV als Grund dafür, dass Tattoos zum Thema in der breiten Masse wurden.
Viele Menschen hätten auf MTV zum ersten Mal Tattoos im Fernsehen gesehen, zum Beispiel bei Rockstars wie Bon Jovi. Dadurch sei eine Tätowierung auch für die Zuschauer zu einer Option geworden.
Wurde zuvor fast nur in den Clubhäusern von Bikergangs tätowiert, mieteten sich Tätowierer jetzt Ladenlokale an und freuten sich bald über stetig wachsende Kundschaft. Besonders beliebt: Das Steißtribal, besser bekannt als Arschgeweih.
Tattoo-Convention in Idar-Oberstein: „Tätowierungen erzählen Geschichten“, meint Autorin Susanna Kumschick:
Die 2000er: Bunte Kunstwerke auf der Haut
Die Zeit nach dem Jahrtausendwechsel verbindet Tattoo-Experte Rödel vor allem mit Aquarell- und Watercolor-Tattoos, Tätowierungen, die aussehen, als seien sie mit bunten Wasserfarben auf die Haut gemalt worden.
„Die Tätowierer haben gemerkt, dass alles, was visuell darstellbar ist, auch tätowiert werden kann. Man hat viel experimentiert, es gab sogar Künstler, die haben sich beim Kubismus bedient.“
Popstars setzten die Tattoo-Trends der 2010er-Jahre
Für großes Aufsehen sorgte 2012 die Sängerin Rihanna, als sie sich eine ägyptische Göttin direkt unter die Brust tätowieren ließ. Viele Frauen folgten ihrem Vorbild und ließen sich unterschiedliche, häufig ornamentale Tattoos unterhalb der Brust stechen.
Die Männerwelt hingegen habe sich laut Dirk-Boris Rödel zu dieser Zeit vor allem von Popstar Robbie Williams inspirieren lassen. Mit seinen polynesischen Motiven auf dem Arm habe er den Hype um Tattoos befeuert, die in dieser Form zum Beispiel von den Maori-Völkern in Neuseeland getragen werden. Diese seien auch heute noch sehr beliebt.
„Inzwischen findet jeder etwas“
Wohin die aktuellen Trends gehen, ist nie ganz leicht einzuschätzen. Rödel falle zurzeit aber auf, dass viele beliebte Motive aus der japanischen Popkultur stammen. Tätowiert würden zum Beispiel Charaktere aus Mangas oder Animes und auch Kreaturen aus dem Videospiel „Pokémon“.
Außerdem sieht der Tattoo-Experte eine immer größer werdende Auswahl an Motiven: „Mittlerweile sind auch Mini-Tattoos total im Trend, also winzig kleine Tattoos wie Notenschlüssel hinter dem Ohr. Das ist dann auch etwas für Leute, die bisher noch nicht so den Draht zum Tätowieren gefunden haben. Inzwischen findet jeder etwas, weil es einfach alles gibt.“