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„Der Afrik“ von Sven Recker: Als das Weindorf Pfaffenweiler seine Bewohner zur Emigration nach Algerien zwang

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Wilm Hüffer

Im 19. Jahrhundert war das Leben im Ausland vielerorts attraktiver als in Deutschland. Die arme Bevölkerung des badischen Weindorfs Pfaffenweiler wurde zur Auswanderung nach Algerien regelrecht gezwungen. Diese tragische Geschichte inspirierte den aus Bühl stammenden Schriftsteller Sven Recker zu seinem Roman „Der Afrik“.

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Abgeschoben nach Algerien

Um die Armen der Gegend loszuwerden, wurde sogar ein ganzer Wald abgeholzt und an Winzer verkauft, um die Ausreise nach Algerien zu finanzieren. „Der Afrik“ erzählt von den Pfaffenweiler Auswanderern, die zu einer schicksalhaften Reise nach Algerien aufbrachen.

Die Gemeinde Pfaffenweiler versprach ihren Auswanderern damals das Paradies, doch die Realität sah ganz anders aus und endet für viele der Badener in einer Katastrophe.

Empathie für Vertreibungsschicksale

Sven Recker erzählt diese Geschichte aus der Perspektive eines einsamen Rückkehrers, der Rache an seinem Heimatdorf nehmen möchte. Doch seine Pläne ändern sich, als er einem jungen Vertriebenen begegnet, der ebenfalls aus Algerien zurückkehrt.

Recker's Roman ermöglicht es uns, uns in die Haut der Auswanderer von damals zu versetzen und ihre Schicksale nachzuvollziehen. „Der Afrik“ erinnert uns daran, wie wichtig Empathie für Menschen ist, die aufgrund von Flucht und Vertreibung ihr Zuhause verlassen müssen.

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