Für Paula Lutum-Lenger, scheidende Direktorin des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg in Stuttgart, ist ihr Museum ein wichtiger Lernort der Demokratie – heute mehr als früher. Die Historikerin war 35 Jahre lang Teil des Museumsteams, seit 2018 als Leiterin, Ende März geht sie in den Ruhestand.
Geschichte begreifbar machen
Das Haus der Geschichte erzählt in einer Sonderausstellung den Weg der Länder Baden, Württemberg und Hohenzollern seit der Französischen Revolution. Das Besondere: große Geschichte wird hier anhand von Objekten im Kleinen erzählt, aus der Erfahrung der Menschen im Land.
Zum Beispiel mit der Geschichte einer durchschossenen Glocke: „Der Dußlinger Gemeindediener Möck war beim Verkünden von Durchhalteparolen im April 1945 von den Maschinengewehrsalven eines Tieffliegers tödlich getroffen worden. Mit solchen Geschichten und Objekten kann die Geschichte des Kriegsendes greifbarer, erlebbarer gemacht werden“, so Paula Lutum–Lenger.
Keine Angst vor kontroversen Themen
Auch kontroverse Themen habe sie in ihrer Amtszeit nicht gescheut. So habe sie sich mit der Ausstellung eines 80 Meter langen Stuttgart-21-Bauzauns, an dem hunderte Protestnoten gegen das Projekt der Bahn hingen, nicht nur Freunde gemacht.
Aber: „Es lohnt sich, für Dinge einzutreten, wenn man davon überzeugt ist. Wir wollten dieses Stück Geschichte zum Thema machen, und es war der richtige Zeitpunkt, als nämlich alle Menschen sich damit beschäftigt haben.“ Als historisch-politisches Museum müsse man auch immer aktuelle Themen präsentieren.
Prof. Dr. Paula Lutum-Lenger: „Es muss für den Historiker möglich sein, Gegenwart auszustellen.“
Als Lernort der Demokratie wichtiger denn je
In Zeiten von zunehmender Verachtung des Rechtsstaates sei das Engagement ihres Museums besonders wichtig. Mit dem „Hotel Silber“ habe man eine Außenstelle geschaffen, die sich an einem besonderen historischen Ort befinde: „Hier befand sich die Gestapo, später nach 1945 die Kriminalpolizei. Und genau hier ist ein Projekt mit bürgerlichem Engagement entstanden, das sich für die Demokratie einsetze.“
Nachfolgerin Hecht–Zeiler wird neue Akzente setzen
Cornelia Hecht-Zeiler, seit 2020 Teamleiterin der Ausstellungsorte des Hauses der Geschichte Baden–Württemberg, tritt die Nachfolge von Paula Lutum-Lenger an. „Ihre Aufgabe wird sein, das Haus für eine breitere Besucherschicht zu öffnen, auch für Menschen mit Migrationsgeschichte. Und sie hat einen besonderen Schwerpunkt im Bereich der jüdischen Geschichte des Landes“.
So soll es bald eine große Landesausstellung zur jüdischen Geschichte geben, die „mittendrin“ heißen soll, verrät die scheidende Museumsdirektorin.
Haus der Geschichte Baden-Württemberg
Haus der Geschichte „Demokratie und Teilhabe“ – Neue Abteilung im Haus der Geschichte Baden-Württemberg
Mit ganz persönlichen Geschichten zeigt das Stuttgarter Museum, wie sich Menschen für Demokratie und Vielfalt in der Gesellschaft Baden-Württembergs engagieren. 18 Biographien stellt der neue Bereich der Dauerausstellung „Demokratie und Teilhabe nach 1945“ im Haus der Geschichte Baden-Württemberg vor. Dabei geht es um Themen der Friedens- und Protestbewegung, der Geschlechtergerechtigkeit und dem Kampf um Mitbestimmung.