Der 14. August 2016: Vor einem Football-Testspiel des Teams der San Francisco 49ers präsentieren rund 240 Militärkräfte eine große US-Flagge, die Nationalhymne wird vorgetragen und das Stadion erhebt sich.
Colin Kaepernick, der Quarterback der 49ers, erhebt sich an diesem Tag jedoch nicht. Während der Hymne bleibt der Amerikaner mit einem Knie auf den Boden, um gegen Rassismus und Polizeigewalt zu protestieren, wie er später sagt.
Kaepernicks Geste spaltet das Land bis heute
Während zahlreiche Patriot*innen in Kaepernicks Weigerung fehlenden Respekt vor seinem Heimatland sahen, wurde Kaepernick binnen kurzer Zeit zur Symbolfigur einer Protestbewegung, der sich schnell Tausende anschlossen: Der Kniefall („to take the knee“) wurde zum Symbol des Protests gegen Rassismus und Unterdrückung.
Nicht nur andere Sportler*innen adaptierten die Protestgeste für sich, sondern auch Demonstrant*innen und Aktivist*innen nutzen den Kniefall, um sich mit People of Color zu solidarisieren und auf Missstände aufmerksam zu machen. In der Black Lives Matter-Bewegung ist der Kniefall heute fester Bestandteil von Kundgebungen und Demonstrationen.
Der britische Außenminister Dominic Raab wurde im Juni 2020 heftig dafür kritisiert, dass er die Geste der BLM-Proteste fälschlicherweise als inspiriert von der Serie „Game of Thrones“ erklärte. Auf ihn habe sie eher wie „eine Geste der Unterwürfigkeit und Unterordnung“ gewirkt.
Karriereende wegen systematischer Ausgrenzung?
Kaepernicks Karriere endete nach der NFL-Saison 2016, in der er erstmals niederkniete. Die San Francisco 49ers entließen ihren Quarterback, der im Anschluss keinen neuen Verein mehr fand. Als Grund für die Entlassung vermutet Kaepernick selbst seine politischen Äußerungen, weswegen er die NFL wegen systematischer Ausgrenzung verklagte — die Clubs hätten sich abgesprochen, ihm keinen neuen Vertrag anzubieten.
Man einigte sich außergerichtlich und Kaepernick erhielt für seine entgangenen Einnahmen mehrere Millionen Dollar. Außerdem wurde er zum Gesicht einer großen Werbekampagne des Sportartikelherstellers Nike.
2019 sagten P!nk, Rihanna und Cardi B aus Solidarität mit Kaepernick und den Protesten gegen Rassismus ihren geplanten Auftritt beim Super Bowl ab.
Der Kniefall bei der Fußball-Europameisterschaft 2021
Zahlreiche Sportler*innen und Aktivist*innen weltweit präsentieren inzwischen die Kniefall-Geste, so auch in der englischen Premier League und bei der Fußball-Europameisterschaft 2021.
Teams wie Wales, England, Belgien und Frankreich setzten mit dem Kniefall vor dem Anpfiff ihrer Spiele bereits ein Zeichen. Gerade in Ländern, in denen durch die Kolonialgeschichte das Thema Rassismus stark in der Öffentlichkeit steht oder neu aufgearbeitet wird, wie England, Frankreich oder Portugal, entzünden sich daran immer wieder hitzige Debatten.
Nach den heftigen Diskussionen um die in Pride-Farben beleuchtete Allianz Arena im Vorfeld des Ungarn-Spiels der deutschen Nationalmannschaft war das Zeigen von Haltung auch hierzulande ein großes Thema.
Im Achtelfinal-Spiel gegen England ging „Die Mannschaft“ nun ebenfalls solidarisch auf die Knie - erstmals.
Die UEFA möchte keinen Spieler bestrafen, der einen Kniefall ausführt: „Jeder Spieler, der eine Gleichstellung von Menschen fordert, indem er kniet, hat die Erlaubnis dazu“, erklärt der Verband dazu auf seiner Website.