Raver tanzen beim Technofestival "Nature One".

Von der Rakentenbasis zur Technomeile

Techno-Festival Nature One im Hunsrück– Früher waren hier Atomsprengköpfe

Stand
Autor/in
Mareike Gries
Mareike Gries, Autorin und Moderatorin bei SWR Kultur

Anfang August verwandeln sich weite Teile des Hunsrücks in Techno City. Zehntausende Raver kommen zum Festival „Nature One“ auf die ehemalige US-Raketenbasis Pydna. Was heute ein Ort zum Feiern und Tanzen ist, war jahrzehntelang ein zentraler Schauplatz des Kalten Krieges.

Das Archivbild vom 03.08.1999 zeigt den Wachturm und die Raketenbunker der ehemaligen US-Atomraketenbasis Pydna im Hunsrück bei Kastellaun.
1987 beschließen Ronald Reagan und Michail Gorbatschow alle europäischen nuklearen Mittelstreckensysteme zu verschrotten. Die U.S. Army gibt daraufhin die Pydna auf. Private Investoren wollen auf dem Gelände einen Freizeitpark errichten, aber dazu kommt es nicht.
Rund 40000 Raver campen am 05.08.2016 in Kastellaun (Rheinland-Pfalz) auf dem Campingplatz des Technofestivals «Nature One»
Tausende Techno-Fans campieren seit 1996 während der Nature One rund um das Konzertgelände auf der Pydna. Im sonst so idyllischen Hunsrück herrscht ein Wochenende lang Ausnahmezustand. Gefeiert und getanzt wird überall, nicht nur zwischen den ehemaligen Bunkeranlagen.
Raver stehen am 05.08.2016 in Kastellaun (Rheinland-Pfalz) beim Technofestival "Nature One" im Regen unter einem ausrangierten Marschflugkörper der 1950er Jahre
Rakete statt Regenschirm: Wenn es beim Festival regnet, finden die Nature One-Besucher Schutz unter einem ausrangierten Marschflugkörper, der die Erinnerung an den Kalten Krieg wachhalten soll.
Der deutsche DJ Paul van Dyk legt in der Nacht zum 04.08.2013 beim Techno-Open-Air-Festival Nature One auf der ehemaligen US-Cruise-Missile-Basis Pydna im Hunsrück bei Kastellaun
Die Größen der Techno-Szene reisen aus der ganzen Welt zur Nature One. Star-DJ Paul van Dyk gehörte bereits bei der Pydna-Premiere im Jahr 1996 zu den Haupt-Acts.
Feuerwerk über dem Gelände des Techno-Festivals "Nature One"
Feiern und Tanzen statt Einschüchtern und Kämpfen – seit der Nature One geht es auf der Pydna nicht mehr um explodierende Atomsprengköpfe, sondern höchstens um explodierende Feuerwerksraketen.

60.000 Techno-Fans kommen jährlich in den Hunsrück

Seit 1996 heißt es auf der Pydna: abfeiern statt aufrüsten. Mit dem Techno-Festival „Nature One“ kommen jährlich rund 60.000 Techno-Fans in den Hunsrück, um ein Wochenende lang zur Musik der weltweit gefragtesten DJs der Szene zu tanzen.

Dass das Festivalgelände auf der so genannten Pydna jahrzehntelang ein zentraler Schauplatz des Kalten Krieges war, können die Raver bei lauten Bässen und grellen Laser-Shows leicht vergessen.

Radiobeitrag zur Geschichte der „Nature One“:

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Ort der atomaren Bedrohung

Ende der 60er Jahre – mitten im Kalten Krieg – bezog die U.S. Army das Areal bei Kastellaun im Hunsrück.

Der Nato Doppelbeschlusses im Dezember 1979 zur Kontrolle von atomaren Mittelstreckenraketen hatte für die Soldaten und die Bevölkerung in der Umgebung große Konsequenzen: Fast 100 Marschflugkörper mit Atomsprengköpfen sollten auf der Pydna stationiert werden. Die Sprengkraft wäre verheerend gewesen.

Aktive Friedensbewegung

Um dies zu verhindern, haben sich Kriegsgegner im Hunsrück vernetzt. Ab 1985 hatten sie eine dauerhafte Mahnwache an der Hunsrückhöhenstraße bei der Abfahrt zur Pydna eingerichtet.

Eine Kuh nimmt eine Cruise Missile auf die Hoerne. Wandmalerei einer Kuenstlergruppe aus Duesseldorf auf einer Scheune in Bell, Hunsrueck, anlaesslich einer Großdemonstration am 11. Oktober 1986 gegen die Stationierung von 96 atomaren Marschflugkoerpern auf dem Stationierungsgelaende "Pydna" zwischen Bell und Hasselbach.
Die Mitglieder der Friedensbewegung sind kreativ geworden, um ihren Protest an der atomaren Aufrüstung zu verdeutlichen: Im Örtchen Bell wird eine Scheune bemalt mit einer Kuh, die einen Marschflugkörper auf die Hörner nimmt.

Die Transparente mahnten: Hier wird Krieg vorbereitet. Die Friedensbewegung besteht bis heute, auch wenn bereits 1991 die letzten Kampfflugzeuge die Region verlassen haben. Fünf Jahre später wurde die Pydna unter dem Motto „Open Air 96“ erstmals Schauplatz der „Nature One“.

Kastellaun

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Am ersten Augustwochenende verwandelt sich die ehemalige Raketenbasis Pydna im Hunsrück wieder in eine Techno-Hochburg. Laut Veranstalter ist Dauerregen kein Problem für das Festival.

Am Morgen SWR4 Rheinland-Pfalz