Gespräch

Debatte um Berliner Antisemitismusklausel: Wie definiert man Antisemitismus?

Stand
Interview
Kristine Harthauer

Wer in Berlin in Zukunft Fördermittel aus dem Kulturtopf erhalten möchte, muss sich ausdrücklich gegen Rassismus und Antisemitismus bekennen. Und zwar mithilfe einer Antidiskriminierungs-Klausel. Doch es gibt Kritik von einigen Kulturverbänden. Sie stören sich an der Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA), die dafür angewendet wird.

Die IHRA-Definition von Antisemitismus war kontextbezogen

Einerseits sei die Antisemitismus-Definition der IHRA vage gehalten und enthalte unklare Formulierungen, sagt Mathias Berek, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Antisemitismus der TU Berlin. Andererseits umfasse sie nicht alle Formen von Antisemitismus. Die Definition sei jedoch nicht in einem wissenschaftlichen Kontext entstanden, so Berek, sondern in „einem diplomatischen internationalen Kontext, in dem es um die Holocaust Education ging“. Es handelte sich also um eine Arbeitsdefinition und nicht um eine „abschließende wissenschaftliche umfassende Definition, die Antisemitismus historisch definiert“.

Es war eine Arbeitsdefinition für eine konkrete Arbeit.

Eine breitere Definition wäre notwendig

Angesichts des Nahost-Konflikts wäre eine weite Definition von Antisemitismus mehr denn je angemessen, auch wenn diese politisch instrumentalisiert werden könne, „aber nur, wenn man sie nicht konsequent anwendet“, so Berek. Seiner Meinung nach sei die Kritik eigentlich nicht an die Definition der IHRA selbst gerichtet, sondern an deren Anwendung.

Mehr zum Thema Antisemitismus

Gespräch Antisemitismus und die postkoloniale Linke: Wenn immer nur Israel Schuld am Konflikt ist

An den Universitäten mehren sich die antisemitischen Vorfälle. Der Philosoph Ingo Elbe sieht den Grund dafür in der postkolonialen Theorie. Denn in der Linken gebe es eine lange Tradition, Israel als weißen, rassistischen und kolonialistischen Staat wahrzunehmen. Radikale Vertreterinnen und Vertreter des Postkolonialismus sähen in der Hamas darum eine Befreiungsorganisation.

SWR2 am Morgen SWR2

Gespräch Aleida Assmann über Antisemitismus und Erinnerung – Der Holocaust bleibt Zentrum der Erinnerungskultur

Die Erinnerung, die eine Gesellschaft mit sich trägt, ist nicht statisch, sondern ändert sich ständig. Deshalb muss sie immer wieder neu in Gesprächen verhandelt werden, sagt die Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann in SWR2.

SWR2 Journal am Mittag SWR2

Zeitgenossen Karina Urbach: „Der Antisemitismus von links hat mich entsetzt“

Der Antisemitismus von links nach dem Terroranschlag der Hamas beunruhigt die Historikerin: „Dass man danach noch Leute hat, die das relativieren wollen, hat mich wirklich entsetzt“.

SWR2 Zeitgenossen SWR2

Stand
Interview
Kristine Harthauer