"Zwei Minuten": Die Kolumne zum Wochenende

Meinung: Verhinderter Prinz-Regent: Verharmlost Spott die Reichsbürger?

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Autor/in
Marie Gediehn

Reichsbürger und Querdenker bleiben eine Herausforderung, aber Demokraten dürfen über Möchtegern-Monarchen lachen, meint Marie Gediehn.

Darf man sich lustig machen? Über einen gescheiterten adeligen Reichsbürger-Regenten, oder wie wir im bundesrepublikanischen Jargon ja gerne sagen, "Rädelsführer"? Und über sein Gefolge aus Querdenkern, Umstürzlern und Verschwörern?

Marie Gediehn
Die Meinung von Marie Gediehn

Naja, man könnte auch anders fragen: Haben Reichsbürger, Nazis, Querdenker, bewaffnet oder nicht, ein Recht darauf, dass man keine Witze über sie macht? Ist man als mutmaßliches Mitglied einer terroristischen Vereinigung automatisch geschützt vor Spott?

Die Kolumne von Marie Gediehn können Sie hier auch als Audio hören:

Hat man da ein Recht darauf, ernst genommen zu werden? In der tiefen Sorge um das unterjochte Deutschland als Konzernfiliale westlicher Mächte, die Impfdiktatur von Echsenmenschen und überhaupt? Muss ich Leute ernst nehmen, die auf Zettelchen notieren, wer welchen Posten bekommt im neuen Reich? Wie bei uns zuhause die recht variablen handgekritzelten Wunschzettel, die am Kühlschrank kleben?

Und noch was: Menschen, die sich ernsthaft, wegen ihrer Abstammung in Regierungsverantwortung sehen, sind wir uns da nicht gesellschaftlich mal relativ einig gewesen, dass die tatsächlich nicht ganz knusper sind? So von wegen 21. Jahrhundert, so in Sachen Demokratie? Sie wissen schon?

Auseinandersetzen müssen wir uns, nicht nur juristisch, natürlich sehr dringend und allerspätestens jetzt damit, was es bedeutet, wenn Menschen aus allen Gesellschaftsschichten offenbar bereit sind, das neue Reich zu planen, unter Prinz Heinrich dem 13. nee umgekehrt, unter Heinrich dem 13., Prinz Reuß, also unter diesem Herrn Reuß eben. Dass es uns politisch nicht weiterbringt, uns über die Hunde-Krawatten von Ex-AfD-Fraktionschef Gauland zu echauffieren, ist inzwischen vermutlich auch dem letzten Breitcord-Skeptiker klar geworden.

Verräterischer als die Ähnlichkeit dieser großkarierten Tweed-Jacketts des AfD-Gaulands und des Reichsbürger-Prinzen ist natürlich die Tatsache, dass der eine schon 2017 versprochen hat, die Regierung zu jagen, und jetzt, wenige Jahre und ungezählte Hetzreden später, der Tweed-Adelige mit der AfD-Richterin im Schlepptau tatsächlich zur Jagd auf die Regierung geblasen haben soll, von seinem Thüringer Jagdschloss aus.

Natürlich ist das, was da jetzt ans Licht kommt, mehr als ein Vogelschiss in der 1000-jährigen erfolgreichen AfD-Geschichte, ah nee, das war irgendwie anders, herrje, die Geschichte auch immer. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sagt, wir müssen uns da künftig auch präventiv was überlegen, mit diesen Reichsbürgern. Bei Twitter schreibt jemand: Hätten die sich alle irgendwo festgeklebt, wären die schon lange in Gewahrsam.

Andere Variante, quasi als letztes Aufbäumen gegen die Monarchie der folkloristische Hinweis: Formationen mit militärischer Anmutung, die mit einem Prinzen an der Spitze auftreten, werden im Rheinland nicht verhaftet, sondern mit Kamelle beworfen.

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