Stark gestiegene Baukosten, hohe Zinsen, immer neue Auflagen: Die Gründe für die dramatische Lage beim Wohnungsbau sind vielseitig. Die Folge: Es wird zu wenig gebaut - auch in Rheinland-Pfalz. Das ist ein großes Problem, denn der Bedarf an neuem Wohnraum wird immer größer.
Vor allem Städte vom Wohnungsmangel betroffen
Insbesondere in den Ballungsräume wird neuer Wohnraum benötigt. Das geht aus aktuellen Zahlen des Pestel-Instituts aus Hannover vor. Ein besonders starker Mangel an Wohnraum herrscht den Angaben zufolge im Rhein-Main-Gebiet. Im Westerwald und rund um Trier sei die Lage ausgeglichen. Ein ganz anderes Bild ergibt sich in der Westpfalz und rund um Kaiserslautern: Dort gibt es sogar mehr Wohnungen als Bedarf.
Aus wirtschaftlich schwachen Gegenden ziehen Menschen offenbar eher weg, sodass die Immobilienpreise und Mieten sinken. Sie zieht es in Regionen, in denen die Wirtschaft brummt. Dort ist es jedoch schwierig, bezahlbare Wohnungen zu finden.
Bürokratischen Hürden und gestiegene Grundstückspreise
Die Entwicklung wird deutlich am Beispiel der Gemeinde Göllheim in der Westpfalz. Vor fünf Jahren hatte die Gemeinde mit den Planungen für ein Baugebiet begonnen. Damals gab es viele Interessenten. Die kalkulierten Grundstückspreise waren auf niedrigem Niveau.
Die Zinswende macht nun den Häuslebauern und Ortsbürgermeister Dieter Hartmüller (CDU) einen Strich durch die günstige Rechnung. "Vor fünf bis zehn Jahren hatten wir einen Preis pro Quadratmeter von 135 Euro. Jetzt haben wir einen Bauplatzpreis pro Quadratmeter von 300 bis 350 Euro", sagt Hartmüller. Die Bauplatzpreise hätten sich fast verdreifacht. "Wir gehen davon aus, wer heute hier ein Haus baut, braucht zirka 700.000 Euro. Und da baut er noch kein großes Haus."
Vor allem die Bürokratie führe zu Verzögerungen. 47 Bauplätze sollten entstehen. Dafür müssten Behörden angeschrieben und Genehmigungen eingeholt werden. Doch die Ämter seien oft personell unterbesetzt, klagt Hartmüller. Ohne Unterstützung werde es in Zukunft schwer mit neuem Wohnraum. Das sei finanziell für viele nicht mehr stemmbar. Von den ehemals 250 Interessenten für das Baugebiet seien aktuell nur fünf übrig geblieben.
Auch Mangel an Sozialwohnungen
Die Krise birgt sozialen Sprengstoff: Denn der Bedarf an Sozialwohnungen ist groß. Bundesweit leben laut der IG Bau 9,3 Millionen Menschen in überbelegten Wohnungen. Die Problematik macht sich auch in Rheinland-Pfalz bemerkbar.
"Wir versuchen wirklich das, was geht, zu tun", beteuert die rheinland-pfälzische Bau- und Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) im SWR. Das Land habe im vergangenen Jahr rund 3.000 neue Sozialwohnungen gefördert. Das seien so viele wie seit Jahrzehnten nicht mehr. In Rheinland-Pfalz fehlen jedoch bis zu 28.000 Sozialwohnungen, wie aus Berechnungen des Bündnisses "Soziales Wohnen" hervorgeht.
Kritik aus der Baubranche
Für Vertreter der Bauwirtschaft ist das allerdings nicht ausreichend. Der Hauptgeschäftsführer des Verbands Bauwirtschaft Rheinland-Pfalz, Thomas Weiler, fordert daher ein adäquates Förderprogramm für den Bau von Wohnimmobilien. "Wenn man die Familien nicht in die Lage versetzt, selber mit eigenen Mitteln eine Wohnung zu bauen und Eigentum zu schaffen, dann wird der Markt sich so schnell nicht erholen", prognostiziert Weiler.
Hauptgeschäftsführer des Verbands Bauwirtschaft RLP Wohnbau in RLP: "Wir brauchen ein adäquates Förderprogramm!"
Die Wohnungsbau-Situation ist angespannt. Thomas Weiler, Hauptgeschäftsführer des Verbands Bauwirtschaft, fordert ein adäquates Förderprogramm für den Bau von Wohnimmobilien.
Werden Standards fürs Bauen gesenkt?
Diese Forderung hat Weiler am Donnerstag gemeinsam mit weiteren Branchenvertretern in Berlin der Bundesregierung gestellt. Dort fand der Wohnungsbau-Tag unter anderem mit Bauministerin Klara Geywitz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) statt. Die Branche fordert von Bundes- und Landespolitik eine Ad-Hoc-Förderung. Jährlich würden 23 Milliarden Euro benötigt, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen
Habeck hat eine Reduzierung von Baustandards in Aussicht gestellt, um dem Tiefflug in der Baubranche ein Ende zu setzen.